Evangelisch-katholische Arbeitsgruppe*
*Der Beitrag gibt ein erstes, von einer evangelisch-katholischen
Arbeitsgruppe in Bonn erarbeitetes und am 16. August 1999 verabschiedetes
Positionspapier wieder. Der Arbeitsgruppe gehörten Dr. Herbert
Claessen, Axel Führ, Dr. Joachim Gaertner, Bernd Otto Kuper,
Dr. Matthias Meyer, Christiane Moll, Josef Schmitz-Elsen, P. Wolfgang
Schumacher, 0. Carm., Heidrun Tempel und Leopold Turowski an.
Zu den heikelsten Fragen des Verhältnisses zwischen Europäischer
Union (EU) und ihren Mitgliedsländern gehört die Frage nach
den ökonomischen und rechtlichen Grundlagen für die Erbringung
sozialer Dienste im öffentlichen Interesse durch nichtstaatliche
Organisationen, also die Frage nach der ökonomischen und rechtlichen
Ordnung des Dritten Sektors zwischen Staat und Privatwirtschaft. In
Deutschland hat sich in Anwendung des Subsidiaritätsprinzips
ein System der Freien Trägerschaft etabliert, das insbesondere
den kirchlichen Wohlfahrtseinrichtungen eine breit gefächerte
Sozialarbeit ermöglicht. Es hat sich als sehr erfolgreich erwiesen,
könnte jetzt jedoch Probleme mit der EU bekommen.
Dabei interessiert in Deutschland vor allem: Wie sicher sind die
für die Arbeit der Freien Träger benötigten und bisher
staatlicherseits gewährleisteten Rahmenbedingungen angesichts
einer europäischen Rechtsentwicklung. der das deutsche System
weitgehend fremd ist und die zunehmend Tendenzen zeigt. diesen Bereich
einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung nach den in der EU geltenden
Prinzipien zu unterwerfen? Würde dies zu einer Deregulierung
der deutschen Verhältnisse mit sozialpolitischen Konsequenzen
führen, die auch die Freien Träger der Wohlfahrtspflege
in Deutschland vor eine ganz neue Situation stellt? Wie sollte ihr
begegnet werden? In einem einschlägigen Brainstorming, veranstaltet
von den beiden kirchlichen Verbindungsbüros, mit Fachleuten nicht
nur der kirchlichen Wohlfahrtsverbände Deutscher Caritasverband
(DCV) und Diakonisches Werk einschließlich der Vereinigung Deutscher
Ordensobern, sondern auch des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche
in Deutschland (EKD) und der Kommission VI der Deutschen Bischofskonferenz
(DBK) wurden erste Antworten auf diese Fragen versucht. Das Ergebnis
liegt nunmehr in Form von "Überlegungen zu aktuellen Herausforderungen
im Bereich sozialer Dienstleistungen in Europa" vor und soll hiermit
einer breiteren Diskussion zugänglich gemacht werden.
A. Problemstellung
Wie in anderen Ländern ist auch in Deutschland die gemeinwohlorientierte
Erbringung sozialer Dienste nicht allein Sache des Staates, sondern
auch eine Angelegenheit gesellschaftlicher Kräfte, insbesondere
der sogenannten Freien Träger. Gemeinwohlverpflichtete Aktivitäten
sind hier als Dritter Sektor zwischen Staat und gewinnorientierter
Wirtschaft zu einem System eigener Art integriert: als Freie Wohlfahrtspflege
vereins- bzw. verbandsmäßig organisiert unter Zuerkennung
eines eigenen Status mit zusätzlichen Gewährleistungen für
kirchliche Wohlfahrtsverbände, in erheblichem Umfang vom Staat
mitfinanziert, sei es im Wege von Steuervergünstigungen, sei
es durch direkte Zuwendungen.
Dieses System hat sich bewährt. Es ist in der Öffentlichkeit
in hohem Maße anerkannt. Durch die Einbindung des ehrenamtlichen
Elementes trägt es zur Entwicklung eines gesamtgesellschaftlichen
Konsenses bei. Angesichts knapper Kassen auch der öffentlichen
Haushalte, die seine Mitfinanzierung durch den Staat als öffentliche
Aufgabe immer schwieriger machen, ist es jedoch zunehmendem ökonomischem
wie politischem Druck ausgesetzt. Es zeigen sich Tendenzen der Herauslösung
sozialer Dienste aus der bisherigen Sozialbindung mit erheblichen
Konsequenzen für das System insgesamt.
Verstärkt wird der Druck von der europäischen Ebene her,
sei es im Blick auf Vereinheitlichungstendenzen der sehr unterschiedlichen
Systeme für den Dritten Sektor in den EU-Ländern, sei es
im Blick auf die Entwicklung gemeinschaftseigener Rechtsinstitute.
Getragen werden diese Entwicklungen durch die ganz allgemeine Tendenz,
den Dritten Sektor im Gegensatz zu der in Deutschland gewohnten Sicht
vorwiegend aus der Perspektive der wirtschaftlichen Unternehmung zu
sehen.
Angesichts dieser Entwicklungen haben sich die beiden kirchlichen
Verbindungsbüros in Bonn auf Anregung der regelmäßigen
Zusammenkünfte von Kirchenamt der EKD und Sekretariat der DBK
mit dieser Problematik speziell im Blick auf kirchliche Wohlfahrtseinrichtungen
in einer von ihnen initiierten Arbeitsgruppe auseinandergesetzt und
die folgenden Überlegungen entwickelt.
B. Grundsätzliche Überlegungen
Caritas und Diakonie sind "Wesens- und Lebensäußerungen"
ihrer Kirche. Gesellschaftlich erfüllen sie darüberhinaus
eine Reihe bedeutsamer Funktionen. Sie erbringen insbesondere soziale
Dienstleistungen, die gerade für das in Deutschland geltende
Sozialsystem in hohem Maße charakteristisch sind, die jedoch
auch für das Ansehen der Kirchen in Deutschland von großer
Bedeutung sind. Eine Beeinträchtigung der dafür nötigen
rechtlichen wie ökonomischen Grundlagen könnte sich für
das Gemeinwesen insgesamt negativ auswirken. Dabei sind mehrere Ebenen
zu unterscheiden:
I. Christliche Motivation sozialer Dienste
Ausgangspunkt caritativer und diakonischer Tätigkeit ist die
religiöse Dimension. Ihr Kennzeichen ist die besondere Verknüpfung
der geleisteten Dienste mit der Botschaft Jesu Christi. Sie ist praktizierte
Nächstenliebe und christlicher Dienst aus dem Glauben an den
mitleidenden und mitsorgenden Gott, der sich in Jesus Christus dem
Menschen zugewandt hat. Jesus Christus hat seine Botschaft der Nächstenliebe
vorgelebt und zur unbedingten Nachfolge aufgerufen.
In diesem Sinne erfüllen Caritas und Diakonie einen wesentlichen
Auftrag der Kirche in der Welt. Sie leisten ihre Dienste dem Hilfsbedürftigen
unabhängig von seinem religiösen Bekenntnis, seiner Nationalität
und seiner politischen Einstellung. Gegenüber privatgewerblichen
Dienstleistern zeigt sich dies durch die Übernahme auch wenig
"lukrativer" Dienste, wie sie etwa im Bereich der Obdachlosenhilfe
notwendig sind. Umgekehrt sind auf religiöser Grundlage arbeitende
Träger auch als Dienst- und Arbeitgeber eher als andere Einrichtungen
bereit, von sich aus etwa Behinderte zu beschäftigen.
In Deutschland ist dieser Dienst der beiden Kirchen in erheblichem
Maße ausgebaut. Zahlreiche im Deutschen Caritasverband und im
Diakonischen Werk in Deutschland zusammengeschlossene Einrichtungen,
einschließlich der von Kirchengemeinden und Ordensgemeinschaften
getragenen Einrichtungen, arbeiten unter Einsatz beträchtlicher
kirchlicher Eigenmittel, die es ihnen gestatten, ihre Leistungen effektiv
und dabei auch kostengünstig zu erbringen.
Dabei geht es nicht nur um die christliche Motivation zu diesem Dienst,
sondern auch um eine christliche Prägung der geleisteten Dienste
selbst sowie der kirchlichen Einrichtungen, was in so groß dimensionierten
Aktivitäten freilich nicht immer leicht zu gestalten ist. Letztlich
wird jedoch die caritative wie diakonische Arbeit nach ihrem geistlichen
Profil beurteilt, entsprechend ihrem Leitbild, das die kirchlichen
Wohlfahrtsverbände ihrem Wirken gegeben haben; vgl. hierzu das
Leitbild des Deutschen Caritasverbandes vom 6.5.1997 ebenso wie das
Leitbild des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland
vom 15.10.1997.
II. Unternehmerische Verantwortung
Angesichts des Aufwandes an Sachmitteln, Personal, Know-how und Arbeitszeit
hat die Tätigkeit der kirchlichen wie auch der anderen Wohlfahrtsverbände
in der Regel auch eine unternehmerisch-privatwirtschaftliche Seite.
Der Deutsche Caritasverband etwa versteht seine Tätigkeit ausdrücklich
u. a. auch als "unternehmerisch" (vgl. Leitbild des DCV). Er leistet
seine Dienste professionell nach den Grundsätzen der Wirksamkeit,
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Dies schon allein, um sich auf
dem Feld ähnlicher Einrichtungen behaupten zu können. Er
ist in vielerlei Hinsicht Träger wirtschaftlicher Verantwortung,
nicht zuletzt auch im Blick auf den Arbeitsmarkt.
Damit wird diese Tätigkeit (jedenfalls in Deutschland) noch
nicht zur wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne einer gesellschaftspolitischen
und rechtlichen Zuordnung. Die Zweckbindung ihrer Gemeinwohlbezogenheit
begründet nach deutschem Gemeinnützigkeits- und Wohlfahrtsrecht
einen besonderen Status zwischen Staat und Wirtschaft. Das gilt unabhängig
von der Organisationsform der entsprechenden Einrichtungen, insbesondere
auch für Einrichtungen in der Rechtsform der gemeinnützigen
GmbH.
Anders dürfte es zu bewerten sein, wenn sich einzelne Anbieter
aus dieser Gemeinwohlbindung durch einen bewußten unternehmerischen
Akt lösen oder überhaupt ohne den Bezug zu einem Wohlfahrtsverband
mit bestimmten sozialen Diensten an den Markt gehen. Hier steht in
der Regel die Gewinnorientierung im Vordergrund, auch wenn dies nicht
bedeuten muß, daß die christliche Motivation dabei entfällt.
Ausgliederungen dieser Art können sinnvoll sein. Sie sollten
jedoch Ausnahmen bleiben, um nicht das System insgesamt zu gefährden.
Konkret kommen in diesem Zusammenhang vor allem Dienste, die sich
zu substituierbaren Leistungen ausgliedern lassen, in Betracht. Zur
Zeit aktuell ist dies besonders im Bereich des Pflegesektors (Altenwohnheime),
aber auch im Bereich von Spezialkliniken sowie Einzeldiensten lokaler
Relevanz. Andere Bereiche (Ausländer und Schuldnerberatung) sind
dafür weniger geeignet.
III. Gemeinwohlbezogenheit sozialer Dienstleistungen
Soziale Dienstleistungen sind grundlegend für den Bestand eines
Gemeinwesens. Maßgebend für den Gemeinwohlbegriff sind
dabei nicht nur Vorstellungen, die der Staat selbst entwickelt, sondern
auch Vorstellungen, die von den gesellschaftlichen Kräfte wie
insbesondere von den beiden großen Kirchen angeregt und getragen
werden. Sie stehen mit den Vorstellungen des Staates in einem engen
Verbund.
Deren Umsetzung in die Praxis hängt jedoch nicht allein vom
Verhalten der Einrichtungen selbst ab, sondern in hohem Maße
auch von den rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen,
die staatlicherseits die Gemeinwohlverwirklichung strukturieren.
1. Bundesrepublik Deutschland
Als Ausdruck des in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Sozialstaatsprinzips
besteht eine enge Anbindung sozialer Dienste an den Gedanken des Gemeinwohls:
Das Prinzip der Gemeinnützigkeit gilt nicht nur für die
staatliche Tätigkeit selbst, sondern auch für die freien
Kräfte der Gesellschaft.
a) Allgemeines
Zu den Aufgaben des Staates zählen entsprechend dem in der Verfassung
verankerten Sozialstaatsprinzip mannigfache Verpflichtungen der Daseinsvorsorge,
verbunden u. a. mit einer umfassenden Sicherstellungsverantwortung
insbesondere im Blick auf eine flächendeckende medizinische Infrastruktur,
zu der wiederum zahlreiche Vorhaltepflichten für Not- und Katastrophenfälle
der verschiedensten Art gehören, die der Staat in hohem Maße
durch eigene Einrichtungen erfüllt.
Dabei muß der Staat nicht immer alles selbst leisten. Es entspricht
seinem Interesse an Bürgernähe und an einer möglichst
breiten Einbindung auch des ehrenamtlichen Engagements in der Gesellschaft,
dem unserer Verfassung zugrundeliegenden (und auch im Gemeinschaftsrecht
verankerten) Subsidiaritätsprinzip weiten Spielraum zu geben
und nur da unmittelbar einzugreifen, wo dies aus Gründen des
Gemeinwohls notwendig erscheint. Hier kommt nicht zuletzt auch originär
kirchliches Gedankengut zur Geltung. Die Kirchen selbst hatten und
haben einen beachtlichen Anteil an der Gestaltung des Sozialstaates
der Bundesrepublik Deutschland.
b) System der Freien Wohlfahrtspflege
In Deutschland stützt sich der Staat mit Erfolg zur Erfüllung
seiner sozialstaatlichen Verpflichtungen auf caritative und diakonische
wie auch auf Einrichtungen anderer Wohlfahrtsverbände, insbesondere
im Bereich der Jugend-, Alten-, Familien- und Behindertenhilfe, ferner
im Bereich von Einrichtungen und Diensten für Personen in besonderen
Situationen, von Aus-, Fort- und Weiterbildungsstätten für
soziale und pflegerische Berufe sowie der Krankenhäuser. Die
Gemeinwohlbezogenheit gerade auch aus religiöser Motivation geleisteter
sozialer Dienste steht dabei außer Frage.
Diese Einbindung kirchlicher Wohlfahrtsorganisationen in den staatlicherseits
organisierten Dritten Sektor zwischen Staat und gewinnorientierter
Wirtschaft ist von außerordentlicher Bedeutung sowohl für
den Wohlfahrtsbereich selbst als auch für die Kirche. Sie bietet
die Chance, in einem breiten Spektrum der Gesellschaft Kirche zu leben
und zugleich in die Gesellschaft im ganzen hinein wirken zu können.
Die als Träger der Freien Wohlfahrtspflege anerkannten Verbände
sind zu einem System der Freien Trägerschaft integriert: Sie
erbringen ihre öffentlich finanzierten Dienstleistungen unter
Wahrung ihrer Selbständigkeit in Zielsetzung und Durchführung
ihrer Aufgaben (§17 Abs. 3 SGB-AT) innerhalb des Normensystems
staatlich gesetzter Standards und erhalten zur Wahrnehmung bestimmter
Daueraufgaben u. a. Zuschüsse gegen die Erfüllung von Auflagen.
Allerdings hält es die Bundesregierung neuerdings für bedenkenswert,
daß "die öffentlichen Zuwendungsgeber die Finanzierung
von Daueraufgaben über verlorene Zuschüsse verstärkt
auf Leistungsverträge umstellen" (Stellungnahme zum 12. Hauptgutachten
der Monopolkommission 1996/97 vom 25.6.1999, Ziff. 91). Das könnte
die Selbständigkeit der Freien Träger und mithin ein wesentliches
Gestaltungsmerkmal des deutschen Sozialstaats in diesem Bereich ernsthaft
in Frage stellen.
c) Rechtliche Gestaltung
Grundlegend für dieses System ist die Bereitstellung einer breiten
Palette von Rechtsformen für gemeinnütziges Verhalten, wobei
den Rechtsformen des Vereins und der Stiftung wie auch der Rechtsform
der gemeinnützigen GmbH in der Regel der Vorzug gegeben wird.
Grundlegend ist ferner die staatliche Anerkennung als Träger
der Freien Wohlfahrtspflege. Damit wird staatlicherseits zum Ausdruck
gebracht: Trotz Beachtung unternehmerischer Grundsätze wie Sparsamkeit,
Wirtschaftlichkeit etc. sind die als Freie Träger anerkannten
Wohlfahrtsverbände nach deutschem Sozialrecht keine Wirtschaftsunternehmen,
auch wenn sie untereinander durchaus in einem Wettbewerb stehen; ihr
von staatlicher Seite erwünschter Zusammenschluß ist kein
verbotenes Kartell, die seitens des Staates gezahlten Zuschüsse
sind keine verbotenen Subventionen. Grund: in diesem Sinne tätige
Einrichtungen arbeiten nicht gewinnorientiert, sondern im Gemeinwohlinteresse
kostenorientiert, was der Staat ihnen in dieser besonderen Weise honoriert.
An diesem sozialpolitischen Konzept hat der deutsche Gesetzgeber
bisher festgehalten, auch wenn er unter dem Eindruck notwendiger Sparmaßnahmen
inzwischen eine Reihe neuer Akzente gesetzt hat, so insbesondere im
Zusammenhang mit der gesetzlichen Einführung der Pflegeversicherung,
was zu einer Freisetzung sozialer Dienste auf einem begrenzten Feld
geführt hat. Eine Ökonomisierung sozialer Dienste in größerem
Stil dürfte nicht ohne eine Gefährdung des bestehenden Sozialsystems
im Ganzen möglich sein und damit ohne eine Verletzung des staatlichen
Sozialstaatsgebots. Dem sollte entschieden widersprochen werden.
Kirchliche Wohlfahrtsverbände nehmen im übrigen zusätzlich
an der den Religionsgemeinschaften verfassungsrechtlich eingeräumten
besonderen Autonomie teil. Es gilt für sie im Rahmen des verfassungsrechtlich
geschützten Selbstbestimmungsrechts kirchliches Arbeitsrecht.
Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen ermöglicht es den kirchlichen
Wohlfahrtsverbänden insbesondere, Arbeitsverhältnisse mit
besonderen Loyalitätsanforderungen an die Mitarbeiterschaft zu
verbinden und durch Arbeitsvertrag verbindlich zu machen. Kirchen
und ihre Verbände und Einrichtungen sind (ebenso wie Organe des
Pressewesens, wie die politischen Parteien und Gewerkschaften) im
deutschen Recht als "Tendenzunternehmen" anerkannt. Aus ihrer verfassungsrechtlichen
Stellung folgt insbesondere, daß sie von der Geltung des staatlichen
Betriebsverfassungsrechts ausgenommen sind (§ 118 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz).
Die Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände haben dementsprechend
eigene Mitarbeitervertretungsordnungen erlassen.
Die rechtliche Ausgestaltung des Trägersystems ist im übrigen
eng mit dem steuerrechtlichen Gemeinnützigkeitsprinzip verbunden.
Dies beruht auf dem Gedanken:
Wer Aufgaben des Staates erfüllt und ihn auf diese Weise von
Aufwendungen, die durch Steuern zu decken wären, entlastet, ist
wie eine staatliche Einrichtung der Entlastung entsprechend von Steuern
freizustellen.
d) Gesellschaftspolitische Bedeutung
Das System der Freien Wohlfahrtspflege hat sich in Deutschland als
außerordentlich erfolgreich erwiesen. Es ist flexibel, bietet
dem Hilfsbedürftigen Wahlfreiheit, gewährleistet ein hohes
Hilfeniveau ohne schematische Gleichförmigkeit. Es ermöglicht
ferner ein Optimum an Ausgewogenheit der angebotenen Dienste. Als
flächendekkendes Angebot entlastet es den Staat in erheblichem
Maße in einer Reihe von Bereichen, besonders im Gesundheitswesen,
von seiner Sicherstellungsverantwortung.
Nicht unwichtig ist auch die Stärkung des ehrenamtlichen Elementes
und damit des notwendigen Zusammenhalts in der Gesellschaft. Damit
erfüllt es ein für die moderne Gesellschaft außerordentlich
wichtiges Kriterium des Sozialstaatsprinzips. Es wäre daher auch
sozialpolitisch bedenklich, wenn die Tendenz zur Überführung
sozialer Dienste, die von Freien Trägern erbracht werden, auf
den freien Markt ohne Rücksicht auf gesellschaftspolitische Effekte
dieser Art gefördert würde. Umgekehrt sollte der Gang an
den Markt aber auch nicht ausgeschlossen werden, denn Konkurrenz "belebt
das Geschäft" und entspricht unternehmerischer Freiheit.
e) Weitere Entwicklung
Vorbehaltlich der Betrachtung globaler bzw. europäischer Entwicklungen
und ihrer möglichen Auswirkungen auf die Systeme des sozialen
Schutzes und ihre Organisationsformen (s. u.) wird man sagen können:
Es besteht kein Grund, das in Deutschland geltende System der freien
Wohlfahrtspflege grundlegend in Frage zu stellen, es von Grund auf
zu ändern oder es gar aufzugeben. Im Gegenteil: Es sollte unter
Anpassung an begrüßenswerte Entwicklungen versucht werden,
sowohl die Sonderstellung der gemeinwohlbezogenen Zweckbestimmung
sozialer Dienste im Sinne des Gemeinnützigkeitsprinzip als auch
den Status der Freien Trägerschaft im Sinne nicht zuletzt auch
der Erklärung Nr. 23 über die "Zusammenarbeit mit den Wohlfahrtsverbänden~
in der Schlußakte des Maastrichtvertrages zu erhalten und in
ein europäisches Sozialmodell zu integrieren (vgl. hierzu die
Initiativstellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zur
"Zusammenarbeit mit den Wohlfahrtsverbänden als Wirtschafts-
und Sozialpartner im sozialen Bereich" vom 10.12.1997, ferner das
Positionspapier der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege
e. V. zu den Bestrebungen der Europäischen Kommission im Hinblick
auf Vereinsstatus, Gemeinnützigkeit und staatliche Förderungsmöglichkeiten
sozialer Dienstleistungen der Freien Wohlfahrtspflege von Juni 1997
sowie auch den Entschließungsantrag der SPD-Bundestagsfraktion
"Freie Wohlfahrtsverbände in Europa erhalten" vom 28.5.1998,
Materialsammlung der Arbeitsgruppe, Ziff. 23).
2. Europäische Union (EU)
Mit der Vollendung des Binnenmarktes und der Wirtschafts- und Währungsunion
sowie jetzt mit dem Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages sind weitere
wesentliche Voraussetzungen für eine politisch wie rechtlich
starke EU (bzw. EG) geschaffen worden, verbunden mit erheblichen Einflußmöglichkeiten
nicht nur auf die Wirtschafts- und Haushaltspolitik ihrer Mitgliedstaaten,
sondern auch auf deren soziale Sicherungssysteme. Ihre Verpflichtung
auf den "Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb"
(Art. 98, vgl. auch Art. 4 EG-Vertrag) wird damit umso stärker
zur Geltung kommen.
a) Allgemeines
Über ein eigenes System der Anerkennung von Gemeinwohlbezogenheit
im Bereich sozialer Dienste verfügt die Europäische Union
- zur Zeit jedenfalls - nicht. Es zu entwickeln, fehlt ihr auch die
Kompetenz. Im Sozialbereich und damit auch im Bereich des Dritten
Sektors verfügt sie nur über ergänzende Teilkompetenzen,
die zur Entwicklung eines eigenen Anerkennungssystems nicht ausreichen
würden. Dies trotz der durch den Amsterdamer Vertrag nicht unbeträchtlich
vermehrten Sozialkompetenzen der EG.
Das bedeutet jedoch nicht, daß sie in diesem Bereich ganz untätig
bleiben muß. In Betracht kommt die Ausübung von Kompetenzen
im Rahmen der Rechtsvereinheitlichung sowie von Kompetenzen der Wirtschafts-
und Wettbewerbspolitik, verbunden freilich mit der Gefahr, den zwischen
Staat und Wirtschaft angesiedelten Bereich des Sozialen einseitig
über den Markt zu organisieren.
Immerhin sind durch den Amsterdamer Vertrag mit der Einbeziehung
der Europäischen Sozialcharta von 1961 und der Gemeinschaftscharta
der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer von 1989 in den EG-Vertrag
auch die sozialpolitischen Ziele der EG erweitert worden. Sie reichen
von der Förderung der Beschäftigung über die Erlangung
eines angemessenen sozialen Schutzes bis zum Ausbau des sozialen Dialogs
(vgl. Art. 136 EG-Vertrag). Beachtung verdient auch die Einbeziehung
des Sozialprotokolls aus dem Maastrichtvertrag. Schließlich
gehört aber auch die Rechtsprechung des EuGH zum sozialen Dienstleistungsbereich
mit seiner allerdings nicht einheitlichen Tendenz, nationalstaatliche
Zuständigkeiten im Bereich der Sozialpolitik im Lichte der Freiheiten
des Binnenmarktes zu definieren, in diesen Zusammenhang. Das Interesse
der Europäischen Kommission, sich dieses gesellschaftspolitisch
so wichtigen Bereichs anzunehmen, ist in den vergangenen Jahren mehrfach
zum Ausdruck gekommen. Dies vor allem in der "Mitteilung der Kommission
der Europäischen Gemeinschaften über die Förderung
der Rolle gemeinnütziger Vereine und Stiftungen in Europa" vom
30.9.1997, die sich zur Darlegung ihrer inneren Berechtigung, sich
mit dem Dritten Sektor zu beschäftigen, im wesentlichen auf ein
Gutachten zur volkswirtschaftlichen Bedeutung des Dritten Sektors
stützt. Die generelle Kompetenz für die Sozialpolitik wird
dabei ausdrücklich den Mitgliedsländern vorbehalten (vgl.
Abschnitt VI der Mitteilung, Materialsammlung, Ziff. 7.2).
Ein bestimmtes Konzept für ihre weiteren Aktivitäten hat
die Kommission dabei noch nicht erkennen lassen. Die Mitteilung zeigt
ambivalente Züge. Einerseits wird die Gemeinwohlbindung des Dritten
Sektors ausdrücklich anerkannt; andererseits werden die Einrichtungen
des Dritten Sektors grundsätzlich als Unternehmen qualifiziert,
was auf die Absicht schließen läßt, diesem Sektor
insgesamt eine vorzugsweise wirtschaftliche Denkweise zugrunde zu
legen.
b) Vielfalt sozialer Leistungsangebote
Besteht national für jeden Staat ein individuell gegliedertes,
häufig sehr komplexes System von Angeboten sozialer Dienste,
so kompliziert sich die Angebotssituation zusätzlich auf europäischer
Ebene noch durch die außerordentliche Unterschiedlichkeit der
nationalen Angebotssysteme untereinander.
aa) Staatliche Sozialsysteme
Die Vielfalt der Sozialsysteme ist groß, sie dürfte sich
nach einer EU-Eweiterung noch komplexer darstellen. Die einzelnen
sozialen Sicherungssysteme sind jeweils rückgekoppelt mit unterschiedlichen
gesellschaftlichen Voraussetzungen familiärer, religiöser
und wirtschaftlicher Art. Eine Vereinheitlichung auf europäischer
Ebene erscheint hier schon angesichts der Schwierigkeiten im Detail
nahezu als ausgeschlossen. Sie könnte allenfalls nur sehr vorsichtig
versucht werden, sofern sie überhaupt für sinnvoll erachtet
wird.
Zu beachten ist freilich, daß die unterschiedlichen Systeme
selbst einen Markt darstellen mit deutlichen Erscheinungen der Selbstkoordinierung
und Konvergenz. nicht ohne Einfluß auf eine ganze Reihe weiterer,
insbesondere für den Arbeitsmarkt relevanter Bereiche (vgl. hierzu
die Mitteilung der Kommission zu einer konzertierten Strategie zur
Modernisierung des Sozialschutzes vom 14.7.1999). Für die Bereinigung
dabei auftretender Spannungen zwischen nationalen Sicherungssystemen
und Binnenmarktfreiheiten trägt letztlich auch die EU eine nicht
unbeträchtliche Verantwortung.
bb) Dritter Sektor
Die Erbringung sozialer Dienste durch nichtstaatliche, wenn auch
staatlich rückgekoppelte Einrichtungen in Europa weist eine noch
größere Vielfalt auf als das Feld der Sozialsysteme selbst.
Große Unterschiede bestehen vor allem zwischen dem deutschen
System der Freien Wohlfahrtspflege und den Systemen der economie sociale,
wie sie in Frankreich, Belgien und Italien praktiziert werden. Für
letztere hegt die Europäische Kommission eine deutliche Sympathie,
ohne sie aber bisher zur Grundlage von Ordnungsvorstellungen zu machen.
Der Versuch einer Harmonisierung der verschiedenen Rechtssysteme
wäre auch für den Dritten Sektor verfehlt. In Frage kämen
allenfalls vorsichtige Vereinheitlichungen ohne gravierende Eingriffe
in unverzichtbare Stabilitätselemente der nationalen Systeme.
Es kann im Prinzip für alle EU-Länder davon ausgegangen
werden, daß sich ihre Systeme auch in diesem Bereich bewährt
haben. Auch sie machen letztlich einen Teil der nationalen Identität
aus und nehmen an deren Achtung durch die Union teil (vgl. Art. 6
EU-Vertrag).
Einer Harmonisierung wird man im übrigen auch im Blick auf die
staatskirchenrechtliche Ebene, die für die kirchlichen Wohlfahrtsverbände
in Deutschland mit einbezogen ist, Skepsis entgegenbringen müssen.
Die EU hat auf die Besonderheiten der Einbindung kirchlicher Einrichtungen
in nationale Rechtsordnungen bisher nur wenig Rücksicht genommen.
Auch wenn sich dies unter dem Einfluß der Erklärung Nr.
11 im Amsterdamer Vertragswerk grundsätzlich ändern sollte,
wären Auseinandersetzungen im Detail vorprogrammiert.
Angesichts dessen jedoch, daß die unterschiedlichen Sozialsysteme
selbst einschließlich der mit ihnen verbundenen Dritte-Sektor-Systeme
in einem immer enger zusammenrückenden Europa einen Markt bilden
und marktmäßig untereinander reagieren, wird von Rahmenbedingungen
für dieses "Marktgeschehen" nicht völlig abgesehen werden
können; wenigstens nicht in der Form von Koordinierungsgrundsätzen,
die eine minimale Ordnung in dieses sehr vielfältige Geschehen
zu bringen in der Lage sind. Diese sollten jedoch schrittweise entwickelt
und nicht durch eine kompakte Gesetzgebung eingeführt werden.
c) Ökonomisierung des Dritten Sektors
Nicht von der Hand zu weisen sind Befürchtungen, Maßnahmen
der EU könnten die ohnehin schon in Deutschland bestehenden Tendenzen,
bisher von den Freien Trägern erbrachte soziale Dienste verstärkt
dem freien Markt zuzuführen, noch weiter verstärken. Eine
solche Entwicklung könnte sich sehr negativ auswirken. Ihr gegenüber
ist daher zumindest eine deutliche Zurückhaltung angebracht.
Einen Anhaltspunkt für Befürchtungen der erwähnten
Art bietet zunächst die allgemeine, aus der oben geschilderten
Kompetenzlage sich ergebende Beschränkung von EU-Aktivitäten
auf den Wirtschafts- und Wettbewerbssektor.
Die Mitteilung der Kommission über die Förderung der Rolle
gemeinnütziger Vereine und Stiftungen in Europa vom 30.9.1997
steht dem nicht entgegen. Sie ist wie schon erwähnt - ambivalent.
In ihr wird zwar die gesellschaftspolitische Bedeutung der Gemeinwohlverpflichtungen
des Dritten Sektors ausdrücklich hervorgehoben und anerkannt.
Auf der anderen Seite fällt aber die Selbstverständlichkeit
ins Gewicht, mit der Einrichtungen des Dritten Sektors als wirtschaftliche
Unternehmen qualifiziert werden, zumal die Kommission hier auf die
einschlägige Rechtsprechung des EuGH verweisen kann, der ein
"funktionales' Verständnis wirtschaftlicher Unternehmerschaft
zugrunde liegt, das "jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende
Einheit" umfaßt, unabhängig von ihrer Rechtsform und der
Art ihrer Finanzierung (siehe Materialsammlung, Ziff. 7.3, 7.4).
Dies ist im Zusammenhang mit Initiativen der Kommission zu sehen,
die auch sonst durchaus auf Ökonomisierungsabsichten schließen
lassen, wie etwa der Vorschlag über ein mehrjähriges Arbeitsprogramm
(1994-1996) der Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften,
Vereinen oder Stiftungen [KOM (85) 253] (vgl. hierzu auch
den erwähnten Antrag der SPD-Fraktion vom 28.5.1998).
Von Bedeutung könnte in diesem Zusammenhang aber auch sein,
daß der designierte künftige Präsident der EU-Kommission,
Romano Prodi, beim Neuzuschnitt der Zuständigkeiten die ,economie
sociale' als eigenständigen Politikbereich aus der bisherigen
Generaldirektion "Unternehmenspolitik, Handel, Tourismus und Sozialwirtschaft"
herausgenommen und sie der Zuständigkeit der Generaldirektion
"Beschäftigung, Arbeitsbeziehungen und soziale Angelegenheiten"
zugeordnet hat. Ob dies auch mit einem Politikwechsel gegenüber
dem Dritten Sektor verbunden sein wird, wird abzuwarten bleiben.
C. Zusammenfassung
Die vorstehenden Überlegungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Kirchliche Wohlfahrtsverbände sind an ihrem christlichen
Profil zu messen. Das kennzeichnet den Anspruch, dem sie sich entsprechend
ihrem Leitbild immer wieder stellen müssen, es legitimiert
letztlich aber auch die Sonderstellung, die sie im Gemeinwesen einnehmen.
- Das schließt nicht aus, daß sie als Großorganisationen
auch unternehmerische Qualitäten zur Geltung bringen, dies
ggf. sogar müssen, um sich auf dem Feld ähnlicher Einrichtungen
behaupten zu können.
- Ihre volle Wirksamkeit erreichen kirchliche Wohlfahrtsverbände
der in Deutschland ausgeprägten Art jedoch erst durch eine
optimale Beteiligung an der Verwirklichung des Gemeinwohls:
Die dazu nötigen rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen
sind seitens des Staates in konstruktivem Zusammenwirken u. a. auch
mit den beiden großen Kirchen in Deutschland zu entwickeln.
Das in Deutschland entwickelte und mit großem Erfolg praktizierte
System der Freien Wohlfahrtspflege hat sich für alle Beteiligten
bewährt. Es sollte daran auch Einflüssen der europäischen
Ebene gegenüber in den für das System tragenden Punkten
festgehalten werden, ohne Vernachlässigung jedoch der sich auf
der europäischen Ebene stellenden Gestaltungsaufgaben.
Das System der Freien Wohlfahrtspflege ist unlösbar mit dem
in Deutschland geltenden Sozialsystem verknüpft und ist daher
ebenso wie dieses einer Harmonisierung auf europäischer Ebene
unzugänglich.
Das schließt nicht die Entwicklung von Rahmenbedingungen etwa
in der Form von Koordinierungsgrundsätzen zur Orientierung und
Strukturierung des sich aus der Vielfalt der Angebote ergebenden Marktgeschehens
aus.
Die Gestaltung der für den Dritten Sektor notwendigen rechtlichen
und ökonomischen Rahmenbedingungen sollte aus deutscher Sicht
von sozialstaatlichen Vorstellungen geleitet sein, zugleich aber auch
die verfassungsrechtliche Stellung der Kirchen in einem europäischen
Gemeinwesen einbeziehen.
D. Schlußbemerkungen und Anregungen für die weitere Diskussion
Ein klares Konzept für die künftige Ordnung des Dritten
Sektors durch die Europäische Union ist noch nicht zu erkennen.
Die bisherigen Initiativen der Europäischen Kommission sind ambivalent.
Der gegenwärtige Diskussionsstand sollte jedoch nicht unterschätzt
werden. Wichtig ist, daß schon jetzt von deutscher staatlicher
wie von kirchlicher Seite ein konstruktiver Beitrag zur aktiven Mitgestaltung
der auf europäischer Ebene anstehenden Aufgaben vorbereitet wird.
Europa bietet dem Dritten Sektor die Chance zu einer inneren Regeneration
und damit zur Bildung des zivilgesellschaftlichen Fundamentes für
eine zukünftige europäische Gesellschaft. Über den
gemeinsamen Markt hinaus kann so die Idee einer europäischen
Gesellschaft Sinn, Struktur und Leben gewinnen (Helmut K. Anheier).
Es muß zu Formen der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, dem
Dritten Sektor und der öffentlichen Hand kommen, um auf die Dauer
die sich in Europa stellenden Aufgaben im Sozial-, Bildungs- oder
Kulturbereich lösen zu können. Hierzu sind u. a. auch die
beteiligten Wohlfahrtseinrichtungen als unmittelbar Betroffene aufgerufen,
aber in besonderer Weise auch die beiden großen Kirchen als
gesellschaftlich relevante Kräfte.
Zu einer vertieften Auseinandersetzung bedarf es jedoch auf kirchlicher
Seite einer Reihe zusätzlicher Untersuchungen, so insbesondere
- im Blick auf den Sektor der heute schon privatwirtschaftlich angebotenen
sozialen Dienstleistungen,
- im Blick auf die sich für Caritas und Diakonie auf europäischer
Ebene konkret ergebenden Perspektiven und Optionen.