Der VdDD hat auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung
vom 17.11.1999 den Beitritt zur Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände
(BDA) beschlossen; die Aufnahme ist zwischenzeitlich erfolgt. Grundlage
der Beitrittsentscheidung ist § 2 Abs. 1 a. E. ("Der Verband
kann Dachorganisationen beitreten") i. V. m. § 7 Abs. 10 lit.
j (Zuständigkeit der Mitgliederversammlung) der VdDD - Satzung.
Der VdDD wirkt damit sowohl in den Gremien des Dritten Wegs als auch
in den Verbänden des Tarifvertragsrechts mit. Dieser Schritt
ist, soweit ersichtlich, bislang einmalig unter den Verbänden
der Diakonischen Dienstgeber und wirft die Frage auf, wie sich seine
rechtliche Zulässigkeit beurteilt, vor allem aber, was die Konsequenzen
dieser zweifachen Mitwirkung für die Gestaltung und die Regelungen
des Dritten Wegs sind. Nicht anders auf katholischer Seite, würde
dort ein entsprechender Schritt erfolgen. Grundlage für die Beteiligung
der Dienstgeberseite an der Arbeitsrechtlichen Kommission ist hier
§ 5 Abs.1 und Abs. 3 der Ordnung der Arbeitsrechtlichen Kommission
des Deutschen Caritasverbandes i. V. m. §§ 2, 3 der Wahlordnung:
§ 5 Vertreter der Dienstgeber (Dienstgeberseite)
(1) Die Dienstgeberseite setzt sich aus 28 Vertretern zusammen,
die vom Zentralrat gewählt werden
(3) Das Nähere regelt die Wahlordnung für die Vertreter
der Dienstgeber in der Arbeitsrechtlichen Kommission, die Bestandteil
dieser Ordnung ist.
Auch hier wäre es denkbar, daß der deutsche Caritasverband
selber der BDA beitritt oder doch einzelne Träger, die Vertreter
in den Zentralrat entsenden, einem Arbeitgeberverband beitreten.
Die dargelegten Fragen zu beantworten kann nur sehr eingeschränkt
auf Vorarbeiten im juristischen Schrifttum zurückgegriffen werden;
einschlägige Rechtsprechung fehlt gänzlich. Es bietet sich
daher an, eine Antwort zu versuchen ausgehend von der Entwicklung,
der Legitimation und den Charakteristika des Dritten Weges und einer
Gegenüberstellung der Mitgliedspflichten in der BDA. Auf dieser
Grundlage kann versucht werden, das Ausmaß an notwendiger Neutralität
und Weisungsfreiheit der Mitglieder der arbeitsrechtlichen Kommission
zu bestimmen, und konkret, ob der Beitritt eines sie entsendenden
Dienstgeberverbandes zu einer Arbeitgeberorganisation im Sinne des
Tarifvertragsrechts zulässig ist. Darauf aufbauend werden die
Konsequenzen für die Mitwirkung im Dritten Weg beschrieben. Den
Abschluß bilden Zusammenfassung und Handlungsempfehlung.
II. Entwicklung, Legitimation
und Charakteristika des Dritten Wegs
Seit nunmehr über 20 Jahren, genauer; beginnend mit der Richtlinie
der EKD für ein Arbeitsrechts-Regelungsgesetz vom 8.10.1976,
gehen die Kirchen einen spezifisch kircheneigenen Weg bei der Gestaltung
ihrer Arbeitsverhältnisse. Anders als zuvor werden die Arbeitsbedingungen
nicht durch einseitige Regelungen der Kirchenseite festgelegt, noch
werden sie durch Tarifverträge bestimmt (von einzelnen Ausnahmen
bei den Evangelischen Landeskirchen abgesehen), sondern sie werden
durch paritätisch von Mitarbeiterseite und Kirchenleitung besetzte
Kommissionen ausgehandelt 1. Grund für diese
Entwicklung war, daß die beiden großen christlichen Kirchen
den Tarifvertrag für ein ungeeignetes Instrument zur Regelung
ihrer Arbeitsverhältnisse halten. Dies folgt nicht etwa daraus,
daß sie dem Tarifvertrag und den Sozialpartnern grundlegend
ablehnend gegenstünden 2. Entscheidend ist
vielmehr, daß das Tarifvertragssystem auf einem Antagonismus
von Arbeitgeber und Arbeitnehmerseite beruht. Die gegenseitig erhobenen
Forderungen zur Gestaltung der Arbeitsbedingungen können notfalls
mit dem Druckmittel des Arbeitskampfrechts durchgesetzt werden; dem
Streik der Arbeitnehmer steht die Aussperrung des Arbeitgebers gegenüber.
Einen Arbeitskampf im kirchlichen Bereich kann es jedoch nicht geben,
denn die kirchliche Dienstgemeinschaft beruht auf dem Gedanken, daß
alle in den Einrichtungen der Kirche Tätigen durch die Arbeit
ohne Rücksicht auf ihre arbeitsrechtliche Stellung gemeinsam
dazu beitragen, daß die Einrichtung ihren Teil des Sendungsauftrags
der Kirche erfüllen kann. Ist aber der Streik im kirchlichen
Dienst ausgeschlossen, dann ist auch das Tarifsystem kein geeignetes
Mittel zur Ordnung der kirchlichen Arbeitsverhältnisse, denn
ein Tarifvertragssystem ohne wirksame Streikmöglichkeit wäre
nicht mehr als "kollektives Betteln" 3.
Die kirchliche Dienstgemeinschaft ist also
Grundlage des Dritten Wegs, und eben diese Grundlage bestimmt dessen
Ausgestaltung: Die Dienstgemeinschaft soll auch in den Verfahrensstrukturen
der Arbeitnehmerbeteiligung an der Gestaltung der Arbeitsbedingungen
zum Ausdruck kommen. Mit Brisa, von dem die bislang umfangreichste
Monographie zum Dritten Weg stammt, lassen sich vor allem fünf
Grundsätze als Charakteristika dieses spezifisch kircheneigenen
Regelungsverfahrens festhalten:
- Partnerschaft, d.h. Kooperation, nicht Konfrontation
beim Ausgleich der unterschiedlichen Interessen, weil im Kirchlichen
Dienst alle Beteiligten in gleicher Weise den religiösen Grundlagen
und Zielrichtungen ihrer Einrichtungen verpflichtet sind;
- Parität, d.h. Anerkennung der Gleichwertigkeit
und Gleichberechtigung von Dienstgebern und Dienstnehmern;
- Lohngerechtigkeit, wie sie auf evangelischer
Seite direkt aus dem Wesen der Dienstgemeinschaft hergeleitet wird,
auf der katholischen Seite sogar durch can. 231 § 2 CIC abgesichert
ist;
- Ausschluß von Streik und Aussperrung,
denn die Gleichheit des Zieles schließt es aus, durch gegenseitige
Druckausübung die Verbesserung der Arbeitsbedingungen erreichen
zu wollen;
- Sicherung der religiösen Grundlagen
und Zielbindung des kirchlichen Dienst;
- Einheit des kirchlichen Dienst, d.h. Sicherung
einheitlicher Geltung unabhängig vom jeweiligen Anstellungsträger.
4
Rüfner formuliert es ähnlich in dem
Standardwerk des deutschen Staatskirchenrecht:
"Die Dienstgemeinschaft ist gekennzeichnet
vom vertrauensvollen Miteinander, Rücksichtnahme und dem Gedanken
konziliarer Konfliktlösung" 5
Die Rechtsprechung und auch das ganz herrschende
Schrifttum akzeptieren dieses Verständnis kirchlicher Dienstgemeinschaft
als Datum, dem das Arbeitsrecht Rechnung zu tragen hat. Das Bundesverfassungsgericht
stellte klar, daß die Einbeziehung der kirchlichen Arbeitsverhältnisse
in das staatliche Arbeitsrecht nicht ihre Zugehörigkeit zu den
"eigenen Angelegenheiten" der Kirche aufhebt. Sie darf daher die verfassungsrechtlich
geschützte Eigenart des kirchlichen Dienst nicht in Frage stellen,
wobei sich nach den von der verfaßten Kirche anerkannten Maßstäben
richtet, welche kirchlichen Grundverpflichtungen als Gegenstand des
Arbeitsverhältnisses bedeutsam sein können 6.
Ein Arbeitskampf im kirchlichen Dienst ist daher auch rechtlich ausgeschlossen
7, und an die Stelle der Tarifverträge treten
die Regelungen des Dritten Weges. Diese zu ermöglichen und vergleichbar
den tarifvertraglichen Regelungen auszugestalten, ist die Verpflichtung
des staatlichen Gesetzgebers, bloßes Aussparen der Kirchen aus
der Anwendung des Tarifvertragsrechts würde ihnen keine Möglichkeit
zur angemessenen kollektiven Regelung ihrer Arbeitsverhältnisse
geben, sie daher gegenüber dem weltlichen Arbeitgeber schlechter
stellen. Als kirchenspezifische Form der Gewährleistung der Koalitionsfreiheit
dürfen daher die Regelungen des Dritten Weges grundsätzlich
nicht anders als Tarifverträge behandelt werden, will man die
Kirchen nicht schlechter stellen als den tarifgebundenen Arbeitgeber
8. Ausnahmen von dieser Pflicht zur Gleichbehandlung
sind nur da gerechtfertigt, wo die Besonderheiten des Dritten Weges
dem Sinne einer für Tarifverträge geltenden Bestimmung widersprechen.
III. Mitgliedspflichten
in der BDA gegenüber selbständiger Gestaltung im Dritten
Weg
Entwicklung und Legitimation des Dritten Weg
stützen sich also darauf, daß kirchlicher Dienst und Tarifvertragswesen
als etwas Gegensätzliches verstanden werden und den Kirchen ein
Freiraum zu belassen ist, in den die Koalitionen nicht gegen den Willen
der Kirchen eindringen können. Welche Folgen sich aber ergeben,
wenn tarifrechtliche Koalitionen gerade mit Willen kirchlicher oder
diakonischer Träger zumindest mittelbar in die Gestaltung des
Dritten Wegs eingebunden werden, hängt wesentlich von der Reichweite
des Einflusses ab, den die damit gewinnen, und von der Antwort auf
die Frage, wie unabhängig die Gestaltung des Dritten Weges vom
Koalitionseinfluß sein muß.
1. Mitgliedspflichten in der
BDA
Die BDA ist Spitzenorganisation im Sinne von
§ 2 Abs. 2 TVG. Ziel ist gem. § 1 Abs. 1 ihrer Satzung die
Wahrung der gemeinschaftlichen sozialpolitischen Belange der sozialpolitischen
Organisationen der Arbeitgeber in der Bundesrepublik Deutschland.
Ihre Mitglieder sind gem. § 6 Abs. 1 der BDA-Satzung "an die
satzungsgemäß zustande gekommenen Beschlüsse der Bundesvereinigung
und ihrer Organe gebunden". Gem. § 6 Abs. 2 der BDA-Satzung sind
sie "verpflichtet, der Bundesvereinigung und deren Organen gewissenhaft
und fristgerecht alle erforderlichen Auskünfte zu geben und sie
über alle wichtigen Ereignisse in ihrem Bereich fortlaufend zu
unterrichten". Obwohl die BDA gem. § 2 Abs. 3 TVG Tarifverträge
abschließen könnte, wenn dies zu ihren satzungsgemäßen
Aufgaben gehörte, hat sie bis jetzt darauf verzichtet. Nach der
derzeitigen Fassung der Satzung ist sie nicht tariffähig, könnte
die Tariffähigkeit aber jederzeit herbeiführen. Gemäß
ihrer Wahl, selbst keine Tarifverträge abzuschließen, bestimmt
§ 3 S.1 der BDA-Satzung, daß die "Selbständigkeit
der Mitglieder... auf tarifpolitischem Gebiet nicht durch Maßnahmen
der Bundesvereinigung oder ihrer Organe eingeschränkt werden"
darf, allerdings sind gem. § 3 5.2 der BDA-Satzung "Empfehlungen
auf diesem Gebiet... zulässig, sofern sie vom Vorstand der Bundesvereinigung
einstimmig beschlossen werden". Obwohl Empfehlungen ihrer Natur nach
nicht bindend sind, kommt solchen Beschlüssen eine nicht lediglich
faktische Bedeutung zu, sich in einem bestimmten Sinne zu verhalten,
denn auch ohne eine ausdrückliche gesetzliche Vorschrift haben
Vereinsmitglieder stets eine Treuepflicht gegenüber ihrem Verein,
die weiter reicht als der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben
nach § 242 BGB. Inhalt und Umfang der Treuepflicht bestimmen
sich nach Art des Vereinszwecks und der inneren Geschlossenheit der
Vereinigung. Generell ist es dem Mitglied verwehrt, im Widerspruch
zu den Zielen und Interessen des Vereines tätig zu werden 9.
Dazu kommt das Erscheinungsbild nach außen: Die BDA und ihr
Präsident repräsentieren ihre Mitglieder bei den Gesprächen
zum Bündnis für Arbeit. Auch dadurch werden gemeinsame,
eben nicht spezifisch kirchliche oder caritative/diakonische Positionen
nach außen hin deutlich gemacht.
Bereits
der bloße Beitritt des VdDD zur BDA bedeutet also zweierlei:
Zum einen eine deutliche Polarisierung innerhalb des Dritten Weges,
die nun durch Verbandsmitgliedschaft nach außen dokumentiert
ist; zum anderen, eng damit verbunden, eine stärkere Einbindung
in das allgemeine, "kirchenunspezifische" kollektive Regelungsverfahren.
2.
Selbstständige Gestaltung des Dritten Wegs
Weil
also damit ein Stück der bisherigen Selbständigkeit der
Gestaltung des Dritten Wegs verloren gegangen ist und eine bislang
auf Dienstgeberseite unbekannte mittelbare Einbeziehung der Spitzenorganisationen
des Tarifvertragsrechts geschaffen wurde, könnten notwendige
Gestaltungselemente des Dritten Weges verloren oder zumindest gefährdet
sein.
a)
Partnerschaftlichkeit und Koalitionseinfluß in der arbeitsrechtlichen
Kommission
Welchem
Grad an Koalitionseinfluß die Mitglieder der Arbeitsrechtlichen
Kommissionen unterliegen dürfen, ohne daß das Proprium
des Dritten Weges gewahrt gefährdet wird, zeigt sich wohl am
ehesten im zweischrittigen Vorgehen:
Zuerst
ist das Maß an Kirchenbindung und Koalitionseinfluß im
bestehenden Modell aufzuzeigen. Dem schließt sich die Frage
an, wie disponibel der status quo ist.
aa)
Kirchenbindung und Koalitionseinfluß im bestehenden Modell
Auch
in der bestehenden Ausgestaltung des Dritten Wegs haben die Koalitionen
durchaus Einfluß. Er gestaltet sich aber unterschiedlich. Recht
zurückgedrängt ist er in der katholischen Kirche, denn dort
werden die Mitarbeitervertreter in den Kommissionen zur Ordnung des
Arbeitsvertragsrechts (KODA) direkt von den Mitarbeitern gewählt
(vgl. § 5 11, IV Bistums-KODA-Ordnung; § 4 der Ordnung der
Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes). Die
katholische Kirche folgt bei der Bestimmung der Mitarbeitervertreter
in der Kommission also nicht dem Verbandsprinzip, sondern sie hat
sich für eine Ordnung entschieden, die auf dem Grundsatz der
demokratisch legitimierten Repräsentation alle Dienstnehmer beruht.10
Die Gewerkschaften sind hier also nicht unmittelbar an der Entscheidungsfindung
im Dritten Weg beteiligt, und es wäre ein offensichtlicher Bruch
mit diesem System, nun auf Arbeitgeberseite die Koalitionen auch nur
mittelbar mit einzubeziehen.
Etwas
anders verhält es sich mit der evangelischen Kirche: Die EKD
hat in ihrer grundlegenden Richtlinie 1976 empfohlen, daß die
Vertreter der Mitarbeiter in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen von
den Mitarbeitervereinigungen entsandt werden (§ 6 l ARRG). Die
Gewerkschaften der kirchlichen Mitarbeiter sind in diesem Fall unmittelbar
an der Besetzung der Gremien des "Dritten Wegs" beteiligt. Hier ist
das Arbeitsrechtsregelungssystem also dadurch gekennzeichnet, daß
die Koalitionen der Mitarbeiter Befugnisse innerhalb des kirchengesetzliche
n geregelten Mitbestimmungsstatus erhalten. Diesem Modell folgt auch
§ 4 Abs. 1 der Ordnung für die Arbeitsrechtliche Kommission
des Diakonischen Werks der EKD. Allerdings können die Begriffe
der Mitarbeitervereinigung und der Gewerkschaft nicht gleichgesetzt
werden.11
Jedoch scheint prima facie der VdDD nur das vollzogen zu haben, was
auf Arbeitnehmerseite bereits anerkannte Praxis ist: Wie die Vertreter
der Dienstnehmerseite von einer Gewerkschaft entsandt werden können,
werden nun Vertreter der Dienstgeberseite von einem Arbeitgeberverband
entsandt, der Mitglied in der BDA ist.
Dieses
Symmetrieargument darf indes nicht den Blick dafür verstellen,
daß hier unterschiedliche Ebenen betroffen sind: Die Einbeziehung
der Gewerkschaften in den Gestaltungsprozeß des Dritten Wegs
stellt ein Entgegenkommen an die Dienstnehmerseite dar, der traditionelle
Formen der Koalitionsbetätigung ermöglicht werden sollten.
Die Koalitionsbetätigung wird damit über ihren verfassungsrechtlich
gewährleisteten Bereich hinaus ausgedehnt zu Lasten des Idealtypus
des Dritten Wegs, dem solcher Antagonismus fremd ist.12
Dies ist also schon ein Schritt weg vom Dritten Weg, durch den das
Leitbild des kirchlichen Dienstes ein Stück weit zurücktritt.
Dies scheint verständlich weil die Gewerkschaften die wesentlichen
Arbeitnehmervereinigungen zur Wahrung und Förderung der Arbeits-
und Wirtschaftsbedingungen sind, während es auf Arbeitgeberseite
immer schon Vereinigungen gegeben hat, die zwar Koalitionen i. S.
des Art. 9 Abs. 3 GG sind, ohne auch Arbeitgeberverband zu sein.13
Außerdem ist der einzelne Arbeitgeber im Tarifvertragswesen
selbst handlungsfähig, und wäre es auch auf dem Dritten
Weg. Nun auch die Dienstgeberseite tendenziell koalitionsmäßig
zu organisieren, bedeutet etwas grundsätzlich anderes, denn von
ihr darf gerade das Festhalten am Verständnis der Dienstgemeinschaft
und der daraus folgenden Ausgestaltung des Dritten Weges erwartet
werden: Sie ist Kirche als Arbeitgeber und identisch mit der Kirche
als Lehrender, die den Inhalt des kirchlichen Glaubens und der kirchlichen
Dienstgemeinschaft vorgibt. Wenn gerade sie sich vom Wesen der kirchlichen
Dienstgemeinschaft distanzieren sollte, wer wollte an ihm festhalten?
Eine gängige Begründung für den Ausschluß des
Streikrechts im kirchlichen Dienst ist es, daß die Kirche nicht
aussperren kann, weil zumindest sie sich dem Ideal der kirchlichen
Dienstgemeinschaft verpflichtet wissen muß, und sie daher selbst
dann, wenn ihr rechtlich die Möglichkeit zur arbeitskampfbedingten
Suspension der Arbeitsverhältnisse gewährt werden würde,
faktisch nicht davon Gebrauch machen könnte. Man unterstellt
also eine Waffenungleichheit, weil man davon ausgeht, die Kirche werde
sich an ihrer eigenen Lehre festhalten lassen : "Ein kirchlicher Arbeitgeber
kann keine Kampfmaßnahmen ergreifen, um einem Streik zu begegnen,
denn die Kirche kann weder die Glaubensverkündigung noch den
Dienst am Nächsten suspendieren, um zur Wahrung von Vermögensinteressen
Druck auf ihre Mitarbeiter auszuüben"14.
Distanziert sich hier also ein Verband kirchlicher Träger selbst
vom Ideal der Dienstgemeinschaft, indem er sich "säkular-tarifvertraglichen"
Strukturen eingliedert, dann wirft dies grundsätzliche Zweifel
an der Berechtigung des Dritten Weges insgesamt auf.
bb)
Wie disponibel ist der status quo?
Ist
also die partnerschaftliche Gestaltung fern vom Antagonismus des tarifvertraglichen
Verbandswesens ein Charakteristikum des Dritten Wegs, dann fragt es
sich, wie weit hierauf verzichtet werden kann, ohne daß dies
Folgen für den bisherigen Regelungsmechanismus hat und die rechtliche
Bewertung der Regelungen, die auf diesem Weg zustande gekommen sind.
Hier wird man nach den einzelnen Folgen differenzieren müssen.
Vorweg geht es um die grundsätzliche Frage, ob schon die bloße
Mitgliedschaft in einer Arbeitgeberkoalition ein Verstoß gegen
die gebotene Partnerschaftlichkeit ist, oder sich noch im Rahmen des
Dritten Wegs hält, und daher uneingeschränkt zulässig
ist.
Koalitionsbetätigung
und partnerschaftliches Zusammenwirken widersprechen sich nicht notwendig.
Beleg dafür mögen §§ 2, 74 BetrVG sein. Danach
arbeiten Arbeitgeber und Betriebsrat vertrauensvoll zusammen. Gleichzeitig
ist den Mitgliedern des Betriebsrats nicht verwehrt, Gewerkschaftsmitglieder
zu sein und als solche im Betrieb tätig zu werden. Man könnte
argumentieren, ebenso müsse den Vereinigungen, die Mitglieder
in die Arbeitsrechtlichen Kommissionen entsenden, die Mitgliedschaft
in einer Arbeitgeberkoalition erlaubt sein. Indessen spiegelt das
Betriebsverfassungsrecht nicht den kirchenspezifischen Ausgleich von
Dienstgeber und Dienstnehmerseite, sondern auch hier haben die Kirchen
eigenständige Formen der Mitarbeitervertretung gefunden, die
stärker der Besonderheit des Kirchlichen Dienst Rechnung tragen.
Die Kirchen sind gem. § 118 Abs. 2 BetrVG gänzlich von der
Anwendung des BetrVG ausgeschlossen und diese Norm bildet eine einfachgesetzliche
Konkretisierung der kirchlichen Autonomie gem. § 137 Abs. 3 WRV
i.V. m. Art. 140 GG, die nicht zur Disposition des Gesetzgebers steht.15
Wichtiger aber noch ist die Tatsache, daß man beim Betriebsratsmitglied
unterscheiden mag zwischen der Privatperson, die Mitglied der Gewerkschaft
ist, und dem Betriebsratsmitglied, das unabhängig von gewerkschaftlicher
Weisung vertrauensvoll zusammenarbeitet. Bei einem Verband der Dienstgeber
ist eine solche Trennung von privatem und funktionalem Status aber
nicht möglich. Tritt er einer Arbeitgeberspitzenorganisation
bei, ist das Ausdruck des Grundverständnisses seines Handelns
insgesamt, und damit mittelbar auch der Mitglieder, die er in die
Kommissionen des Dritten Weges entsendet. Wie fremd überdies
die Koalitionsmitgliedschaft auf Dienstgeberseite dem Dritten Weg
ist, zeigt schon ein einfaches Beispiel: Würde die BDA sich entscheiden,
künftig Tarifverträge abzuschließen dann würden
diese Tarifverträge grundsätzlich alle Mitgliedsverbände
binden 16.
Ergebnis wäre nicht ein Wirken im Dritten Weg, sondern seine
Überwindung.
b)
Weisungsfreiheit der Mitglieder und Repräsentanz durch die BDA
Aus
dem Vorangegangenen folgt unmittelbar ein Erst-Recht-Schluß:
Weil das Charakteristikum des Dritten Wegs ist, daß die an seiner
Gestaltung Beteiligten partnerschaftlich nach einer angemessenen Regelung
der Arbeitsbedingungen suchen, ist es erst recht erforderlich, daß
sie dabei unabhängig von Weisungen Dritter handeln. Ebenfalls
dürfte es bereits einen erheblichen Einschnitt bedeuten, daß,
der Verband, der die Mitglieder der Dienstgeberseite in die Kommissionen
entsendet, zwar keinen Weisungen unterliegt, nach außen hin
aber nicht von der Kirche oder Diakonie/Caritas repräsentiert
wird, sondern von der BDA. Diese ist nicht nur Spitzenorganisation
im Sinne des Tarifvertragsrechts sondern eben auch Repräsentant
der deutschen Arbeitgeber etwa bei den Gesprächen zum Bündnis
für Arbeit oder auch als Mitglied von UNICE bei den Vereinbarungen
im Sozialen Dialog auf europäischer Ebene. "Die Bundesvereinigung
der Deutschen Arbeitgeberverbände vertritt auf dem Gebiet der
Sozialpolitik die Interessen der Wirtschaft gegenüber Gewerkschaften,
Politik und Öffentlichkeit".17 Diese Interessen
sind nicht notwendig die der Kirchen. "Die von uns vertretenen Positionen
stellen den sozialpolitischen Grundkonsens der deutschen Wirtschaft
dar".18 Der kann aber ein anderer sein als der
der Kirche. Hier den kirchlichen oder diakonischen Dienst mit zu repräsentieren,
ohne daß die Kirchen und ihr Leitbild von der christlichen Dienstgemeinschaft
einen wesentlichen Einfluß hätten, ist eine weitreichende
Abkehr vom Gemeinschaftsideal der kirchlichen Dienstgemeinschaft.
In einen solchen Widerspruch zu ihren eigenen Vorstellungen dürfen
sich die Kirche und ihre Caritas nicht setzen. Dies gilt um so mehr,
als die BDA schon nach eigenem Selbstverständnis nicht der richtige
Repräsentant des beigetretenen Verbands sein dürfte, denn
sie beschränkt sich in ihrer Organisation auf die private Wirtschaft
und organisieren nicht die Arbeitgebers des öffentlichen Diensts.
Schon die große Nähe gerade der arbeitsrechtlichen Strukturen
des kirchlichen und caritativen Dienstes zu denen des öffentlichen
Diensts zeigen die Problematik eines Beitritts zum Spitzenverband
der freien Wirtschaft.
3.
Zulässigkeit des Beitritts
Aus
dem Vorangegangenen ist eine weitere Schlußfolgerung möglich:
Der Beitritt des VdDD zur BDA ist nach seiner derzeitigen Satzung
rechtlich zumindest bedenklich. Denn gemäß § 2 Abs.
1 der VdDD-Satzung ist er verpflichtet, "an der Erneuerung des Dritten
Weges mitzuarbeiten". Damit hat sich der Verband auf den Dritten Weg
festgelegt. Der Beitritt zu einer Arbeitgeberspitzenorganisation steht
dazu im Widerspruch. Denn das Tarifvertragssystem ist der Zweite Weg,
nicht aber ein erneuerter Dritter Weg. Der vom VdDD vollzogene Schritt
ist kein Schritt auf den Dritten Weg hin zu seiner inhaltlichen Erneuerung,
sondern ein Schritt weg vom Dritten Weg, der mit seinen Satzungszielen
im tendenziellen Widerspruch steht. Allerdings kann der VdDD gem.
§ 2 Abs. 2 seiner Satzung "Vereinbarungen mit Dienstnehmerverbänden
zur kollektiven Regelung der Arbeitsbedingungen (Verträge)" schließen.
Es erscheint jedoch fraglich, ob darunter eine Tariffähigkeit
i. S. des Tarifvertragsgesetzes zu verstehen ist. Vielmehr dürfte
es sich dabei, wie die unbestimmte Formulierung im Klammerzusatz und
der unmittelbare Anschluß an § 2 Abs. 1 der Satzung (der
ja gerade das Bekenntnis zum Dritten Weg enthält) nahelegen,
um Vereinbarungen des Dritten Weges handeln, an deren Zustandekommen
der Verband mitwirkt und mitwirken will. Heißt es in §
2 Abs. 1 der Satzung, der Verband könne Dachorganisationen beitreten,
dürften damit Organisationen gemeint sein, die sich zum Dritten
Weg bekennen, nicht aber solche des Tarifvertragswesens. Folgt man
dieser durchaus naheliegenden Auffassung, dann besteht keine Zuständigkeit
der Mitgliederversammlung, einen Beitritt zur BDA zu beschließen,
ohne die Satzung zu ändern.
Es
erscheint fraglich, ob der damit rechtswidrige Beschluß auch
nichtig wäre. Hier muß man in Übereinstimmung mit
der Rechtsprechung und dem herrschenden Schrifttum wohl eher zurückhaltend
urteilen.19
Ist der Verstoß gegen die Satzung nicht gerügt worden,
wird man kaum eine Nichtigkeit des Beschlusses annehmen können.
Ist der Beschluß aber nichtig, könnte nicht nur jedes Vereinsmitglied,
sondern auch jeder Außenstehende durch Feststellungsklage gem.
§ 256 ZPO die Nichtigkeit des Verbandsbeschlusses geltend machen.20
Da Rechtsprechung und Schrifttum das Feststellungsinteresse i. S.
des § 256 ZPO recht großzügig 21
auslegen , erscheint es nicht ausgeschlossen, auch dem Diakonischen
Werk der EKD eine Klage zu ermöglichen.
lV.
Konsequenzen für die Vereinbarungen des Dritten Weges
Für
die rechtliche Beurteilung der Regelungen des Dritten Weges dürfte
der Schritt des VdDD - oder ähnliche Entwicklungen auf katholischer
Seite - zu keinen Änderungen führen. Bislang besteht in
Gesetzgebung und Rechtsprechung die weitgehende Bereitschaft, Regelungen
des Dritten Weges gleich zu behandeln mit tarifvertraglichen Regelungen.
So behandelt der Gesetzgeber die Arbeitsvertragslinien der Kirchen
immer häufiger wie Tarifverträge, indem er eine Abänderbarkeit
der gesetzlichen Regelung im selben Maß zuläßt wie
durch Tarifverträge, z.B. in § 6 Abs. 3 BeschFG, §
21a Abs. 3 ArbSchG, § 7 Abs. 4 ArbZG. Die Rechtsprechung ist
nach anfänglichem Zögern dieser Tendenz gefolgt, etwa bei
der Frage der Inhaltskontrolle kirchlicher Arbeitsvertragsrichtlinien
und verzichtet darauf ebenso wie bei Tarifverträgen, zumindest
wenn Tarifverträge des Öffentlichen Dienst übernommen
werden.22
Diese
Bereitschaft fußt maßgeblich auf der Ausgestaltung des
Dritten Weges, die eine Richtigkeitschance für einen angemessenen
Ausgleich zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen gewährt,
die der des Tarifvertrags gleichwertig ist. Aber auch, wenn die mehr
partnerschaftliche Gestaltung einem eher antagonistischen Verhandlungsmodell
weicht, dürfte dies die Rechtsprechung kaum zum Anlaß nehmen,
einen Schritt zurückzugehen. Dies zeigen die Gründe der
letzten einschlägigen Entscheidung im Urteil vom 28.1.1998.23
Dort führte das Bundesarbeitsgericht an, warum es auf eine Inhaltskontrolle
verzichtet: Die Kommission ist unabhängig dank der Weisungsfreiheit
aller ihrer Mitglieder, sie ist paritätisch zusammengesetzt,
und es gilt der Grundsatz der Lohngerechtigkeit des can. 231 §
2 CIC. Der erkennende Senat nahm damit Bezug auf wesentliche Gestaltungselemente
des Dritten Weges, nicht aber auf die partnerschaftliche Ausgestaltung
durch Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite. Weil die Rechtsprechung
sich also nicht auf diesen Umstand stützt, mag eine Abschwächung
des partnerschaftlichen Elements an ihrer Bereitschaft, die Regelungen
des Dritten Weges denen des Tarifvertrages gleichzustellen, vielleicht
nichts ändern; sicher ist dies aber nicht, bedenkt man den dargelegten
hohen Stellenwert der Partnerschaftlichkeit im Dritten Weg.24
Insbesondere weil die Rechtsprechung hier stark im Fluß ist,
könnte diese Änderung aber auch zu einer abweichenden Beurteilung
Anlaß geben, und die Entscheidungslinie hin in Richtung stärkerer
Gleichbehandlung mit dem Tarifvertrag zukünftig in Frage stellen.
V.
Konsequenzen für den Bestand des Dritten Wegs
Grundlegend.
anders beurteilen sich die Konsequenzen, die der Schritt des VdDD
für den langfristigen Bestand des Dritten Wegs haben könnte,
auf katholischer wie auf evangelischer Seite. Im rechtswissenschaftlichen
Schrifttum wird gerade auch in neuerer Zeit verstärkt gefordert,
daß sich die Kirchen und ihre Einrichtungen dem Tarifvertragswesen
öffnen und ein Arbeitskampf zumindest da zulässig sein soll,
wo ein Arbeitsverhältnis nicht unmittelbar Aufgaben der Verkündigung
betrifft.25 Die herrschende Meinung ist dem stets
entgegen getreten unter Hinweis auf das Wesen der Dienstgemeinschaft,
das solchen Antagonismus nicht zuläßt. Wenn sich aber nun
nicht nur die Dienstnehmerseite, sondern auch die Dienstgeberseite
nach außen hin deutlich erkennbar vom Leitbild des partnerschaftlichen
Zusammenwirkens distanziert und für eine Vereinigung entscheidet,
die gerade auf dem Antagonismus aufbaut, den die kirchliche Dienstgemeinschaft
ablehnen muß, dann schwächt dies die Argumente der herrschenden
Meinung ganz erheblich. Denn nun würde man die Gestaltung kirchlicher
Arbeitsverhältnisse an einem Leitbild ausrichten, von dem sich
beide Beteiligten distanzieren; dann kann es nicht Aufgabe eines Dritten
sein, als Hüter dieses bisherigen Leitbildes zu einzutreten.
Wenn sich die Dienstgeberseite und die Dienstnehmerseite für
eine wenn auch nur mittelbare Einbindung in die Verbandsstrukturen
des Tarifvertragswesens entscheiden, dann fällt die Begründung
schwer, warum nicht auch die Instrumente des Tarifvertragswesens zum
Schutze der Arbeitnehmerinteressen anwendbar sein sollten. Bislang
hat die Gegenseite stets damit argumentiert, insbesondere auch der
nichtchristliche Mitarbeiter sei weniger Dienstnehmer zur Verwirklichung
des Sendungsauftrags der Kirche, als vielmehr Arbeitnehmer zur Sicherung
seines Lebensunterhalts.26 Wenn nun auch die Dienstgeberseite
zeigt, daß sie weniger Kirche zur Verwirklichung des Sendungsauftrags
ist als vielmehr Arbeitgeber, dem eine organisatorische Gleichordnung
mit weltlichen Arbeitgebern angemessen erscheint, dann ist dies ein
wesentlicher Schritt hin zum Zweiten Weg.
Eine
durchaus überzeugende Argumentation der Apologeten des Tarifvertragswesens
auch im kirchlichen Bereich könnte in etwa folgende Linie nachzeichnen:
Art. 9 Abs. 3 GG und die Betätigungsfreiheit der Koalitionen
werden im kirchlichen Bereich nur insoweit eingeschränkt, als
dies das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen gem. Art. 137 Abs. 3 WRV
i.V. m. Art. 140 GG gebietet. Nach der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts
bleibt es daher "grundsätzlich den verfaßten Kirchen überlassen,
verbindlich zu bestimmen, was die Glaubwürdigkeit der Kirche
und ihre eigene Verkündigung erfordert, was spezifisch kircheneigene
Aufgaben sind, was Nähe zu ihnen bedeutet, welches die wesentlichen
Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre sind und was (gegebenenfalls)
als schwerer Verstoß gegen diese anzusehen ist."27
Daher können die Kirchen die antagonistischen Regelungsinstrumente,
die das weltliche Arbeitsverhältnis prägen, für ihren
Bereich ausschließen, jedoch nur dann, wenn dies tatsächlich
aus ihrer Lehre folgt. Den Gerichten kann es nicht genommen werden,
die Unschlüssigkeit der Folgerungen der Kirche darzulegen, insbesondere
daß sie sich in Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten setzt.
Das ist etwa für die Loyalitätspflichten im kirchlichen
Dienst ständige Rechtsprechung und wird vom Schrifttum ebenso
gesehen.28 Dieser Widerspruch läge nun darin,
daß sich die Kirche oder Caritas/Diakonie selbst der am Gegensatz
zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen orientierten Verbandsstruktur
des Tarifvertragswesens bedient. Warum hier nicht weitergehende Schritte
möglich sein sollen, erschiene dann stark begründungsbedürftig.
Die Kirche sollte sich diesem Begründungsdruck nicht aussetzen.
VI.
Zusammenfassung und Empfehlung
1.
Der Dritte Weg fußt auf der kirchlichen Dienstgemeinschaft.
Die kirchliche Dienstgemeinschaft verlangt ein partnerschaftliches
Umgehen miteinander; Partnerschaftlichkeit ist daher auch Charakteristikum
des Dritten Wegs.
2.
Der Partnerschaftlichkeit des Dritten Wegs widerspricht es, sich der
an der Gegensätzlichkeit von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen
orientierten Mittel des Tarif- und Arbeitskampfrechts zu bedienen.
Ein Arbeitskampf im kirchlichen Dienst ist daher ausgeschlossen, Tarifverträge
werden nicht abgeschlossen.
3.
Der Partnerschaftlichkeit des Dritten Weges widerspricht es auch,
Organisationen des Tarifrechts an der Gestaltung zu beteiligen. Allerdings
ist eben dies im Bereich der evangelischen Kirche und der Diakonie
den Gewerkschaften auf Dienstnehmerseite, anders als bei der katholischen
Kirche, zugestanden. Dies ist jedoch eine Abweichung vom Dritten Weg,
die ein Zugeständnis an die Koalitionsfreiheit der Dienstnehmer
darstellt.
4.
Schaut man auf die Gründe, auf die sich die Rechtsprechung bei
der Gleichbehandlung von Tarifvertrag und kirchlicher Arbeitsvertragsregelung
stützt, so kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich auch
nach Beitritt des VdDD zur BDA hierbei Abweichungen ergeben
5.
Der Beitritt des VdDD zur BDA - und eine ähnliche Entwicklung
bei der Dienstgeberseite im Bereich der katholischen Caritas - hat
Konsequenzen insbesondere für die Glaubwürdigkeit des Dritten
Weges und die Argumentation gegen Forderungen, ihn durch tarifvertragliche
Strukturen zu ersetzen. Wesentlich hierfür ist, daß sich
in der Eingliederung der Dienstgeberseite in die Verbandsstrukturen
des Tarifvertragswesens eine Distanzierung vom Dritten Weg ausdrückt.
Wenn die Kirche als Dienstgeberseite nicht mehr am Ideal der Dienstgemeinschaft
und den sich daraus ergebenden Konsequenzen festhält, fällt
die Begründung schwer, ihn trotzdem als verbindliche Vorgabe
aus dem Selbstbestimmungsrecht gem. Art. 137 Abs. 3 WRV i. V. m. Art.
140 GG abzuleiten. Der Beitritt des VdDD in eine Spitzenorganisation
des Tarifvertragsrechts ist kein Schritt zur Erneuerung des Dritten
Wegs, sondern zu seiner Überwindung.
Ausgehend
von diesen Feststellungen empfiehlt es sich, daß die arbeitsrechtliche
Kommission des Diakonischen Werks der EKD darauf hinwirkt, daß
der VdDD aus der BDA austritt; ansonsten sollte er zumindest langfristig
aus der Mitwirkung im Dritten Weg ausgeschlossen werden. Für
die Caritas gilt nichts anderes: Auch hier ist organisatorische Distanz
zum Tarifvertragswesen zu wahren und entsprechende Schritte, wie sie
der VdDD getan hat, sollten durch entsprechende Satzungsgestaltung
ausgeschlossen werden.
Prof.
Dr. Dres h.c. Peter Hanau
Dr.
Gregor Thüsing, LL.M.
Fußnoten:
1
Ausführlich Thüsing, "20 Jahre Dritter Weg - Rechtsnatur
und Besonderheiten der Regelung kirchlicher Arbeitsverhältnisse",
RdA 1997, S.163 if.; Richard, Arbeitsrecht in der Kirche, 2. Aufl.
1992, § 13,S. 165ff.
2
Vgl. nur das gemeinsame Sozialwort der Kirchen, in dem sie an verschiedenen
Stellen auf die Bedeutung und den Wert einer sinnvollen Tarifpolitik
hinweisen: Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit,
Wort des Rates der Evangelischen Kirchen Deutschlands und der Deutschen
Bischofskonferenz zur wirtschaftlichen und sozialen Lage, 1997, Abschnitt
151 ff., 167f f., insbesondere 168.
3
BAG v. 10.6.1980 EZA Art 9 GG Arbeitskampf Nr.37, eine Formulierung
Blanpains aufgreifend
4
Brisa, "Tarifvertrag" und "Dritter Weg". Arbeitsrechtsregelungsverfahren
der Kirchen Diss Regensburg 1987, S.144 ff.; siehe auch Richardi,
Arbeitsrecht in der Kirche, 2. Auflage, 1992 § 12 Rn. 2 S 156;
Thüsing, RBR 1997, S.163 ff.
5
Rüfner, in: Listl/Pirson, Handbuch des Staatskirchenrecht der
Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 5. 892; ähnlich A.Schneider,
Evangelisches Staatslexikon, 3. Aufl., Abschn. "Arbeitsrecht in den
Kirchen", Bd.I, Sp. 94.
6
BVerfG v.4.6.1986, BVerfGE 70, S.138,165 ff. ; vgl. auch Richardi,
AR-Blattei Abschnitt 960 "Kirchenbedienstete" Rn. 9.
7
Ausdrücklich zuletzt BAG v. 6.11.1996, EZA § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe
Nr.16 mit Anm. Thüsing,
8
Vgl. Richard, Das Arbeitsrecht in der Kirche, S.31; Hanau/Thüsing
uR 1999 S. 143, 146, Thüsing' ZevKR 1996, S.52, 64; ders. RdA
1997, S.163 ff.
9
Vgl. Sauter/Schweyer, Der eingetragene Verein, 15. Auflage 1994, rn.
348, S.252; Reichert/van Look, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts,
Rn. 608 ff m. zahlr. w. N.
10
Vgl. Richard, Arbeitsrecht in der Kirche, S.172; Thüsing, RdA
1997, S.164 ff.
11Vgl.
dazu ausführlich Christoph, Zur Relativität des Gewerkschaftsbegriffs,
ZevKR Bd. 31 (1986), S. 216 ff.
12
Vgl. Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, S.168.
13
Für die Handwerksinnung vgl. BVerfGE 20,S.312,317; siehe auch
von Münch in Bonner Kommentar Art. 9 GG Rn. 134 m. w. N.
14
Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, 5. 118, ebenso Thüsing,
ZDVKR 1996, S.53 ff.
15
Vgl. Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, S.208 if., Mayer-Maly,
BB 1979, S.632, Müller, RdA 1979, S.71; kritisch FittinglKaiser/Heither/Engels,
BetrVG § 118, Rn. 48 m.w.N.
16
Vgl. ausführlich Wiedemann/Thüsing, Die Tariffähigkeit
von Spitzenorganisationen und der Verhandlungsanspruch der Tarifvertragsparteien,
RdA 1995, S. 280, 281ff.
17
BDA (Hrsg.), Sozialpolitische Interessenvertretung und Dienstleistung
für die Wirtschaft, Köln, 1995 S.3.
18
a.a.O., S.4.
19
Vgl. Sauter/Schweier, Der eingetragene Verein, Rn. 212 m.w. N.; Reichert/van
Look, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, Rn. 1171ff.
20
BGH NJW 1989, S. 2059 (zum WEG); für den Verein: Reichert/van
Look, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, Rn. 1175 m.w.N.
21
Vgl. Greger, in: Zöller, § 256 ZPO Rn 7-8; Schumann, in:
Stein-Jonas, § 256 ZPO Rn 61 ff.
22
BAG v. 28.1.1998, ZevKR 1999, S. 90 m. Anm. Thüsing
23
BAG v. 28.1.1998, ZevKR 1999, S. 90 m. Anm. Thüsing
24
Vgl. den Überblick bei Thüsing/Börschel, NZA-RR 1999,
S.561, 563.
25
Vgl. jüngst Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht. Band 1,S.
136ff., Hammer, AuR 1995, S.161 ff.; dagegen Thüsing ZevKR 1996,
S.52 ff.
26
Vgl. Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht Bd. 1, S.141; zuvor bereits
die prominente Stimme Nell-Breunings, AuR 1979, Sonderheft, S.1, 8;
ähnlich Bieback, in: Däubler, Arbeitskampfrecht, 3. Aufl.
1987, Rn 498 ff.
27
BVerfGE 70, S.138,168.
28
Für die Rechtsprechung zuletzt BAG v. 16.9.1999, EzA Nr.45 zu
§ 611 BGB Kirchliche Arbeitnehmer; für das Schrifttum Rüfner,
in: Listl/Pirson, Handbuch des Staatskirchenrecht der Bundesrepublik
Deutschland, Bd. II, S.903 f. m.w.N.