AK-Mitglied Thomas Schwendele
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An alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 19.9.02
im Geltungsbereich der AVR in der
Diözese Rottenburg-Stuttgart
über die MAVen
Zusätzliche Altersversorgung
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Nebel lichten sich.
Während der letzten Monate habe ich mich bemüht, Sie über
die Umstellung unserer betrieblichen Altersversorgung von der Gesamtversorgung
auf das Punktesystem auf dem Laufenden zu halten. Inzwischen lichten
sich die Nebel und ich möchte Ihnen die Situation so erläutern,
dass Sie entscheiden können, was Sie für sich unternehmen
wollen.
Wie Sie wissen, hat die Bundesregierung die gesetzliche Rente reformiert.
Dabei wurde der Rentenanspruch zum Sinken gebracht. Um dies ausgleichen
zu können, gibt es seit diesem Jahr die Möglichkeit, durch
eigene Vorsorge und Kapitalbildung diese Rentenabsenkung auszugleichen.
Dazu gibt der Staat Zuschüsse und die Finanzwirtschaft umwirbt
uns kräftig ("Riesterrente"). Je jünger jemand ist,
desto stärker muss er oder sie selbst vorsorgen.
Wir bei der Caritas haben wie die Angestellten im öffentlichen
Dienst Anspruch auf eine zusätzliche betriebliche Altersversorgung.
Diese bisherige "Gesamtversorgung" stockte die gesetzliche
Rente so auf, dass für das Alter eine ganz vernünftige, "beamtenähnliche"
Versorgung erwartet werden konnte. Die Höhe richtete sich nach
der Dienstzeit und dem Einkommen in den letzten drei Jahren vor Berentung
und erreichte eine maximale Höhe von 91,75% des letzten Nettogehaltes.
Dazu waren wir in der komfortablen Situation, dass Veränderungen
in der gesetzlichen Rente durch diese "Gesamtversorgung" abgefangen
wurden. Doch dieses System steckte aus verschiedenen Gründen schon
seit längerem in der Krise und hätte jetzt diese neue und
tiefgreifende Reform der gesetzlichen Rente nicht überstanden und
wäre kollabiert.
Deshalb wurde die umlagegestützte Gesamtversorgung in das kapitalgestützte
"Punktesystem" umgebaut und die Koppelung zwischen gesetzlicher
Rente und betrieblicher Rente aufgegeben. Logischerweise können
wir nun auch zusätzlich selbst, staatlich gefördert, für
unsere Rente vorsorgen, was in der Gesamtversorgung nicht möglich
und eigentlich auch nicht nötig war.
Wir, die Mitarbeiterseite der AK, haben lange und heftig dafür
gekämpft, dass bei dieser Systemumstellung die bereits erworbenen
Ansprüche auf höherem Niveau umgestellt werden, als dies jetzt
geschieht. Die deutschen Bischöfe haben leider anders entschieden.
Wir gehen davon aus, dass sie damit ihre eigenen Verfahrensregelungen
unterlaufen haben. Wie schwer dieser Regelbruch wiegt, ist zur Zeit
unklar und ob wir, die Mitarbeiterseite der AK, daran noch etwas ändern
können, ist fraglich.
Fraglich ist auch, ob im öffentlichen Dienst die Umstellungsmodalitäten
verfassungskonform sind. Mit Klagen ist zu rechnen.
Aus dieser unklaren Rechtssituation ergibt sich
nun folgendes:
Die über 55-jährigen scheinen auf der sicheren Seite zu sein.
Für die unter 40-jährigen gilt, dass ihre Ansprüche noch
eher gering sind und für sie ab sofort die Zusatzrente im neuen
System vom Arbeitgeber aus Lohnbestandteilen aufgebaut wird. Darüber
hinaus haben sie über eine lange Berufslaufbahn hinweg jetzt die
Möglichkeit, über Eigenvorsorge ihre Rente aufzubessern.
Im Bereich dazwischen scheint es Härten zu geben. Vor allem Angehörige
dieser Jahrgänge müssen sich jetzt überlegen, ob sie
diese Umstellung und eventuelle Einbußen klaglos hinnehmen, Widerspruch
einlegen oder gar nach einem Widerspruch selbst vor Gericht ziehen.
Diese Entscheidung muss jeder und jede selbst treffen. Ein Entwurf für
einen Widerspruch, den man am besten gleichzeitig an den Arbeitgeber
und an die Zusatzversorgungskasse sendet, sobald man die Mitteilung
über die Startgutschrift erhalten hat, liegt bei. Streitbaren Kolleginnen
und Kollegen bin ich bei der Entscheidung und bei den ersten Schritten
in ein Verfahren hinein gerne behilflich.
Zusammenfassend möchte ich folgende Wertung
abgeben:
Die Gesamtversorgung war ein selbst erdientes Bonbon im kirchlichen
und öffentlichen Dienst, das bei langjährig Bediensteten die
mageren Jahre zu Berufsanfang im Alter angemessen versüßt
hat. Doch vor allem Versicherte mit gestückelten Erwerbsbiografien,
de facto meistens Frauen, waren dabei aber schon immer benachteiligt.
Und letztlich war die Umstellung wegen der Unübersichtlichkeit
der Gesamtversorgung und wegen der langfristigen Unbezahlbarkeit unabdingbar.
Das Punktemodell ist einigermaßen überschaubar und stützt
sich auf Kapitalbildung. Da die gesetzliche Rente auf dem Generationen
vertrag beruht, ist es vom Risikosplitting her sicher günstiger,
in der betrieblichen Altersversorgung angesichts der kümmerlichen
Geburtsrate und des Schrumpfen des öffentlichen Dienstes auf ein
kapitalgedecktes System zu setzen.
Der Umstellungsprozess hat Mängel. Die Behebung der Auswirkungen
ist wohl nur individualrechtlich, d.h. von jedem und jeder selbst, über
Schlichtung (?) oder einen Arbeitsgerichtsprozess möglich. Nachbesserungen
durch die AK werden von uns weiter versucht.
Eigenvorsorge
Wie dargestellt und wie von der Finanzwirtschaft angepriesen, haben
wir nun das große Glück, selbst für unser Alter vorsorgen
zu dürfen. Das ist neu für uns und macht unsicher.
Entscheiden muss man sich jetzt also, ob und wie viel man fürs
Alter zurücklegt, und vor allem wie. (Der Staat denkt so an etwa
4 % des regelmäßigen Einkommens.) Neben den Möglichkeiten
des Sparbuches (mager), der Immobilie (soigene Häusle), des
Schmucks und des Aktienfonds gibt es nun staatlich bezuschusste Möglichkeiten,
vor allem das sogenannte "Riestern". Hier gibt der Staat zum
selbst angelegten Betrag noch eine Zuschuss.
Spezielle Eigenvorsorge: die Entgeltumwandlung
Noch relativ unbekannt, aber in vielen Fällen lukrativer (aus steuerlichen
Gründen noch verstärkt für Versicherte bei der ZVK-KVBW
in Karlsruhe) ist die Alternative "Entgeltumwandlung", eine
Kombination aus betrieblicher und eigener Vorsorge. Diese ist beim Arbeitgeber
Caritas/ katholische Kirche jetzt schon möglich und Sie können
bis 2008 jährlich bis zu 2160 € aus Ihrem Bruttogehalt steuerfrei
oder -begünstigt und sozialabgabenfrei über Ihren Arbeitgeber
in Rentenersparnis umwandeln. Zusätzlich gewähren Caritas
und Kirche den in der Krankenversicherung Pflichtversicherten noch 13
% Zuschuss vom umgewandelten Betrag!
Da die ZVK-KVBW, die für die meisten von uns zuständige Kasse,
schwerpunktmäßig Versicherte aus dem öffentlichen Dienst
betreut und dieser zur Entgeltumwandlung noch nichts beschlossen hat,
bewirbt sie zur Zeit vor allem ihr "Riester-Produkt" und lässt
die Entgeltumwandlung noch unerwähnt. Ausführlich informiert
dazu jedoch die KZVK (Köln), bei der der kleinere Teil von uns
versichert ist.
Hervorragende Informationen finden Sie bei unseren bayerischen KollegInnen
im KODA-Kompass (s.u.). Deren Situation ist fast direkt übertragbar
für die Versicherten bei der ZVK-KVBW.
Hier die Informationsmöglichkeiten:
Im Internet jeweils unter http://www.schiering.org/aktuell/aktuell.htm
und über
die links zu ZVK-KVBW und KZVK
Ihre-Versorgung.de
Kodakompass.de/rente
Telefonische Auskunft erhalten Sie unter
ZVK-KVBW: 0711/2583-575 (hier angeben: Arbeitgeber wendet AVR an)
KZVK-Hotline zum Nulltarif von Mo-Fr 8-19 Uhr unter 0800/59857683
Über die Möglichkeiten der Entgeltumwandlung müsste
Sie auch Ihr Arbeitgeber ausführlicher informieren können.
Was für Sie der richtige Weg ist, müssen Sie letztlich selbst
entscheiden.Wenn Sie die Vorteile der Entgeltumwandlung in diesem Jahr
noch voll nützen wollen, müssen Sie Teile des Weihnachtsgeldes
und/oder des November- und/oder Dezembergehaltes umwandeln. Dies sollten
Sie bei Ihrem Arbeitgeber möglichst im Oktober noch beantragen.
"Riestern" für 2002 geht bis Ende des Jahres. Aus vielen
Gesprächen weiß ich, dass es eher unangenehm ist, sich mit
Altersvorsorgefragen zu beschäftigen, weil man ja "heute"
lebt und der Gedanke vorherrscht, dass unser Wohlfahrtsstaat sich schon
irgendwie kümmert. Doch da scheint jetzt ein neues Denken erforderlich
zu werden: die Selbstverantwortung steigt.
Soweit zu einer komplexen Materie,
mit freundlichen Grüßen
Ihr AK-Mitglied
Th. Schwendele
Anlage: Entwurf
eines Widerspruchs zur Umstellung (muss für Versicherte bei
der
ZVK-KVBW entsprechend umformuliert werden)