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Die Internetseite für Mitarbeitervertretungen im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz


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AK-Mitglied Thomas Schwendele
c/o Psychosoziale Beratungsstelle
Parlerstr. 29
73525 Schwäbisch Gmünd

Tel: 07171 932163
Fax: 07171 932165
E-Mail: Th.Schwendele@t-online.de 

 

An alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter                                                                          19.9.02
im Geltungsbereich der AVR in der
Diözese Rottenburg-Stuttgart
über die MAVen

 

Zusätzliche Altersversorgung

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Nebel lichten sich.
Während der letzten Monate habe ich mich bemüht, Sie über die Umstellung unserer betrieblichen Altersversorgung von der Gesamtversorgung auf das Punktesystem auf dem Laufenden zu halten. Inzwischen lichten sich die Nebel und ich möchte Ihnen die Situation so erläutern, dass Sie entscheiden können, was Sie für sich unternehmen wollen.
Wie Sie wissen, hat die Bundesregierung die gesetzliche Rente reformiert. Dabei wurde der Rentenanspruch zum Sinken gebracht. Um dies ausgleichen zu können, gibt es seit diesem Jahr die Möglichkeit, durch eigene Vorsorge und Kapitalbildung diese Rentenabsenkung auszugleichen. Dazu gibt der Staat Zuschüsse und die Finanzwirtschaft umwirbt uns kräftig ("Riesterrente"). Je jünger jemand ist, desto stärker muss er oder sie selbst vorsorgen.
Wir bei der Caritas haben wie die Angestellten im öffentlichen Dienst Anspruch auf eine zusätzliche betriebliche Altersversorgung. Diese bisherige "Gesamtversorgung" stockte die gesetzliche Rente so auf, dass für das Alter eine ganz vernünftige, "beamtenähnliche" Versorgung erwartet werden konnte. Die Höhe richtete sich nach der Dienstzeit und dem Einkommen in den letzten drei Jahren vor Berentung und erreichte eine maximale Höhe von 91,75% des letzten Nettogehaltes. Dazu waren wir in der komfortablen Situation, dass Veränderungen in der gesetzlichen Rente durch diese "Gesamtversorgung" abgefangen wurden. Doch dieses System steckte aus verschiedenen Gründen schon seit längerem in der Krise und hätte jetzt diese neue und tiefgreifende Reform der gesetzlichen Rente nicht überstanden und wäre kollabiert.
Deshalb wurde die umlagegestützte Gesamtversorgung in das kapitalgestützte "Punktesystem" umgebaut und die Koppelung zwischen gesetzlicher Rente und betrieblicher Rente aufgegeben. Logischerweise können wir nun auch zusätzlich selbst, staatlich gefördert, für unsere Rente vorsorgen, was in der Gesamtversorgung nicht möglich und eigentlich auch nicht nötig war.

Wir, die Mitarbeiterseite der AK, haben lange und heftig dafür gekämpft, dass bei dieser Systemumstellung die bereits erworbenen Ansprüche auf höherem Niveau umgestellt werden, als dies jetzt geschieht. Die deutschen Bischöfe haben leider anders entschieden. Wir gehen davon aus, dass sie damit ihre eigenen Verfahrensregelungen unterlaufen haben. Wie schwer dieser Regelbruch wiegt, ist zur Zeit unklar und ob wir, die Mitarbeiterseite der AK, daran noch etwas ändern können, ist fraglich.
Fraglich ist auch, ob im öffentlichen Dienst die Umstellungsmodalitäten verfassungskonform sind. Mit Klagen ist zu rechnen.

Aus dieser unklaren Rechtssituation ergibt sich nun folgendes:
Die über 55-jährigen scheinen auf der sicheren Seite zu sein.
Für die unter 40-jährigen gilt, dass ihre Ansprüche noch eher gering sind und für sie ab sofort die Zusatzrente im neuen System vom Arbeitgeber aus Lohnbestandteilen aufgebaut wird. Darüber hinaus haben sie über eine lange Berufslaufbahn hinweg jetzt die Möglichkeit, über Eigenvorsorge ihre Rente aufzubessern.
Im Bereich dazwischen scheint es Härten zu geben. Vor allem Angehörige dieser Jahrgänge müssen sich jetzt überlegen, ob sie diese Umstellung und eventuelle Einbußen klaglos hinnehmen, Widerspruch einlegen oder gar nach einem Widerspruch selbst vor Gericht ziehen. Diese Entscheidung muss jeder und jede selbst treffen. Ein Entwurf für einen Widerspruch, den man am besten gleichzeitig an den Arbeitgeber und an die Zusatzversorgungskasse sendet, sobald man die Mitteilung über die Startgutschrift erhalten hat, liegt bei. Streitbaren Kolleginnen und Kollegen bin ich bei der Entscheidung und bei den ersten Schritten in ein Verfahren hinein gerne behilflich.

Zusammenfassend möchte ich folgende Wertung abgeben:
Die Gesamtversorgung war ein selbst erdientes Bonbon im kirchlichen und öffentlichen Dienst, das bei langjährig Bediensteten die mageren Jahre zu Berufsanfang im Alter angemessen versüßt hat. Doch vor allem Versicherte mit gestückelten Erwerbsbiografien, de facto meistens Frauen, waren dabei aber schon immer benachteiligt. Und letztlich war die Umstellung wegen der Unübersichtlichkeit der Gesamtversorgung und wegen der langfristigen Unbezahlbarkeit unabdingbar.
Das Punktemodell ist einigermaßen überschaubar und stützt sich auf Kapitalbildung. Da die gesetzliche Rente auf dem Generationen vertrag beruht, ist es vom Risikosplitting her sicher günstiger, in der betrieblichen Altersversorgung angesichts der kümmerlichen Geburtsrate und des Schrumpfen des öffentlichen Dienstes auf ein kapitalgedecktes System zu setzen.
Der Umstellungsprozess hat Mängel. Die Behebung der Auswirkungen ist wohl nur individualrechtlich, d.h. von jedem und jeder selbst, über Schlichtung (?) oder einen Arbeitsgerichtsprozess möglich. Nachbesserungen durch die AK werden von uns weiter versucht.

Eigenvorsorge
Wie dargestellt und wie von der Finanzwirtschaft angepriesen, haben wir nun das große Glück, selbst für unser Alter vorsorgen zu dürfen. Das ist neu für uns und macht unsicher.
Entscheiden muss man sich jetzt also, ob und wie viel man fürs Alter zurücklegt, und vor allem wie. (Der Staat denkt so an etwa 4 % des regelmäßigen Einkommens.) Neben den Möglichkeiten des Sparbuches (mager), der Immobilie (s’oigene Häusle), des Schmucks und des Aktienfonds gibt es nun staatlich bezuschusste Möglichkeiten, vor allem das sogenannte "Riestern". Hier gibt der Staat zum selbst angelegten Betrag noch eine Zuschuss.

Spezielle Eigenvorsorge: die Entgeltumwandlung
Noch relativ unbekannt, aber in vielen Fällen lukrativer (aus steuerlichen Gründen noch verstärkt für Versicherte bei der ZVK-KVBW in Karlsruhe) ist die Alternative "Entgeltumwandlung", eine Kombination aus betrieblicher und eigener Vorsorge. Diese ist beim Arbeitgeber Caritas/ katholische Kirche jetzt schon möglich und Sie können bis 2008 jährlich bis zu 2160 € aus Ihrem Bruttogehalt steuerfrei oder -begünstigt und sozialabgabenfrei über Ihren Arbeitgeber in Rentenersparnis umwandeln. Zusätzlich gewähren Caritas und Kirche den in der Krankenversicherung Pflichtversicherten noch 13 % Zuschuss vom umgewandelten Betrag!
Da die ZVK-KVBW, die für die meisten von uns zuständige Kasse, schwerpunktmäßig Versicherte aus dem öffentlichen Dienst betreut und dieser zur Entgeltumwandlung noch nichts beschlossen hat, bewirbt sie zur Zeit vor allem ihr "Riester-Produkt" und lässt die Entgeltumwandlung noch unerwähnt. Ausführlich informiert dazu jedoch die KZVK (Köln), bei der der kleinere Teil von uns versichert ist.
Hervorragende Informationen finden Sie bei unseren bayerischen KollegInnen im KODA-Kompass (s.u.). Deren Situation ist fast direkt übertragbar für die Versicherten bei der ZVK-KVBW.

Hier die Informationsmöglichkeiten:
Im Internet jeweils unter http://www.schiering.org/aktuell/aktuell.htm und über die links zu ZVK-KVBW und KZVK
Ihre-Versorgung.de
Kodakompass.de/rente

Telefonische Auskunft erhalten Sie unter
ZVK-KVBW: 0711/2583-575 (hier angeben: Arbeitgeber wendet AVR an)
KZVK-Hotline zum Nulltarif von Mo-Fr 8-19 Uhr unter 0800/59857683

Über die Möglichkeiten der Entgeltumwandlung müsste Sie auch Ihr Arbeitgeber ausführlicher informieren können. Was für Sie der richtige Weg ist, müssen Sie letztlich selbst entscheiden.Wenn Sie die Vorteile der Entgeltumwandlung in diesem Jahr noch voll nützen wollen, müssen Sie Teile des Weihnachtsgeldes und/oder des November- und/oder Dezembergehaltes umwandeln. Dies sollten Sie bei Ihrem Arbeitgeber möglichst im Oktober noch beantragen. "Riestern" für 2002 geht bis Ende des Jahres. Aus vielen Gesprächen weiß ich, dass es eher unangenehm ist, sich mit Altersvorsorgefragen zu beschäftigen, weil man ja "heute" lebt und der Gedanke vorherrscht, dass unser Wohlfahrtsstaat sich schon irgendwie kümmert. Doch da scheint jetzt ein neues Denken erforderlich zu werden: die Selbstverantwortung steigt.
Soweit zu einer komplexen Materie,

mit freundlichen Grüßen

Ihr AK-Mitglied
Th. Schwendele

Anlage: Entwurf eines Widerspruchs zur Umstellung (muss für Versicherte bei der
ZVK-KVBW entsprechend umformuliert werden)