Es waren einmal drei Brüder, die durch die Folgen eines großen
Unheils getrennt wurden.
Alle drei machten sich, nachdem sie den selben Beruf ausübten
(in derselben Position, bei identischer Eingruppierung und Lebensalterhöchststufe)
durch die erfahrenen ständig zunehmenden Belastungen Sorgen um
ihre Zukunft und beschlossen für ihr Alter vorzusorgen. Alle arbeite(te)n
in Einrichtungen der katholischen Kirche.
Der erste Bruder, der in einem südlichen Land lebt, entschloss
sich, einer Zusatzversicherung beizutreten und zahlte monatlich drei
Prozent seines Einkommens ein.
Der zweite Bruder, der in einem nördlichen Land lebt, entschloss
sich ebenfalls, einer Zusatzversicherung beizutreten, und zahlte bei
identischem Einkommen monatlich vier Prozent davon ein.
Der dritte Bruder, der in einem östlichen Land lebte, hätte
dies auch gern getan. Da in seinem Land auf Grund des großen Unheils
ein anderes Gesellschafts- und Wirtschaftssystem herrschte, verdiente
er wesentlich weniger als die beiden anderen und hatte keine Möglichkeit,
einer Zusatzversicherung beizutreten.
Erst sieben Jahre, nachdem sich das östliche Land mit dem südlichen
und nördlichen Land vereinigt hatte, konnte er eine Zusatzversicherung
abschließen. Da aber sein Einkommen immer noch deutlich niedriger
war als das seiner beiden Brüder, konnte er nur ein Prozent seines
Einkommens einzahlen. Da beschloss der nördliche Bruder, ihm zu
helfen, und stellte seinen östlichen Bruder gleich, indem er von
seinem inzwischen beträchtlichen Vermögen etwas abgab.
Nun begab es sich anno 2002, dass die gesamte Zusatzversorgung reformiert
werden sollte.
Nun wollte der nördliche Bruder, dass auch der südliche Bruder
dem östlichen Bruder von seinem nicht ganz so großen Vermögen
etwas abgeben sollte, um ihm zu helfen. Der südliche Bruder, dessen
Vermögen nicht so groß war, da er ja nur drei Prozent gespart
hatte, sagte dem nördlichen Bruder: Ich helfe dem östlichen
Bruder nur, wenn wir beide nach dem Ende unserer Arbeit die gleiche
Zusatzversorgung haben. Da wurde der nördliche Bruder sehr traurig,
hatte er doch stets etwas mehr gespart und war auch bereit, ohne Zögern
dem östlichen Bruder zu helfen.
Der östliche Bruder war ebenfalls traurig, konnte er trotz der
Hilfe und höherer Arbeitsleistung dennoch nie die Höhe der
Zusatzversorgung erreichen, die die beiden anderen Brüder erspart
hatten. Außerdem bemerkte er, dass drei Prozent nicht vier Prozent
waren und er Schuld daran zu sein schien, dass die beiden anderen Brüder
in Streit gerieten.
So kam es, das Ungleiches gleich werden sollte und doch wieder nicht.
Andreas Jaster