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AK-Magazin Extrablatt Oktober 1999
Altersteilzeit bald auch für Teilzeitbeschäftigte Die Teilnehmer des Bündnisses für Arbeit haben sich darauf verständigt, Erleichterungen bei der Altersteilzeit vorzunehmen.
Einzelheiten sind in einem Gesetzesentwurf enthalten, der vom zuständigen Ministerium erarbeitet und dem Bundesrat zugeleitet wurde.
Inflationsausgleich auch für Zusatzversorgungsrentner Im Sparpaket der Bundesregierung ist u. a. vorgesehen, die Gehälter der Bundesbeamten in den kommenden zwei Jahren nur um die Inflationsrate zu erhöhen. "Was geht uns das an", werden sich viele unserer Leser verwundert fragen. "Recht so", werden vielleicht manche denken, "die Beamten verdienen ohnehin mehr als genug." Des Rätsels Lösung heißt GVE (== Gesamtversorgungsfähiges Entgelt). So wird in der Versicherungssprache die Meßlatte genannt, nach der sich die Anpassung (Dynamisierung) der Zusatzver^ sorgungsrenten an die allgemeine Einkommensentwicklung richtet. Hierzu heißt es in den Satzungen der Zusatzversorgungskassen: "Werden ..... die Bezüge der Versorgungsempfänger des Bundes........erhöht, wird das GVE in dem gleichen Ausmaß angepaßt." Die Experten unter Ihnen ahnen schon, daß die Pensionäre des Bundes genau die Gehaltssteigerungen erhalten, die den aktiven Bundesbeamten verordnet werden sollen, nämlich Inflationsausgleich. Fazit: Wer nach dem Jahr 2000 eine Versorgungsrente von einer Zusatzversorgungskasse erhält oder bereits "Zusatzrentner" ist, der nimmt an den Nullrunden der Bundesbeamten teil. Ob das Bundesverfassungsgericht allerdings die Abkoppelung der Beamten von der allgemeinen Einkommensentwicklung gutheißen wird, ist eine offene Frage.
Versicherungsrente teilweise verfassungswidrig Beschäftigte, die aus dem kirchlichen Dienst vor Rentenbeginn ausscheiden, erhalten zur Zeit im Rentenfall eine betriebliche Zusatzrente (Versichertenrente), die erheblich hinter den Beträgen zurückbleibt, die den in der Privatwirtschaft Tätigen zustehen. Diese Abkoppelung von der Mehrzahl aller Arbeitnehmer/innen in der Bundesrepublik hat das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber verpflichtet, spätestens bis zum Ende des Jahres 2000 eine Neuregelung zu verabschieden. Dann werden voraussichtlich die zusatzversorgungsrechtlichen Nachteile abgemildert oder gar beseitigt, die bisher mit der vorzeitigen Beendigung von Arbeitsverhältnissen im kirchlichen Dienst verbunden waren. Hier sind besonders Ausgliederungsfälle, Fremdvergaben und betriebliche Neugliederungen zu nennen.
Zusatzrenten für Teilzeitbeschäftigte verfassungswidrig berechnet Mit Erfolg legte eine teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin Verfassungsbeschwerde gegen die Berechnung ihrer Zusatzversorgungsrente ein. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, daß es gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Grundgesetz) verstößt, wenn bei der Berechnung der Zusatzrenten von Teilzeitbeschäftigten zu deren Ungunsten Steuer- und Sozialleistungen in demselben Umfang in Rechnung gestellt werden wie bei einer Vollzeitkraft. Das Gericht hat deshalb zivilgerichtliche Urteile aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. I. Für die Berechnung von Renten der Zusatzversorgungskasse gilt nach deren Satzung u.a., daß die Gesamtversorgung 91,75% des letzten Nettogehaltes nicht übersteigen darf. Maßgeblich ist insoweit ein fiktives Nettogehalt, das sich wie folgt errechnet: Vom gesamtversorgungsfähigen Entgelt werden die sich aus der Lohnsteuertabelle ergebende Steuer und die Sozialversicherungsabgaben abgezogen. Bei Teilzeitkräften wird zur Ermittlung dieses fiktiven Nettogehalts das gesamte Entgelt auf das Bruttogehalt eines Vollbeschäftigten hochgerechnet (bei einer Halbzeitkraft also beispielsweise verdoppelt). Hiervon werden Lohn- und Sozialversicherungsabgaben abgezogen und das Ergebnis auf die tatsächlich geleistete Arbeitszeit reduziert (im Beispielsfall also halbiert). Dem Teilzeitbeschäftigten werden damit Steuer- und Soziallasten in demselben Umfang in Rechnung gestellt wie einer Vollzeitkraft. II. Die Beschwerdeführerin war von 1956 bis Ende März 1984 bei der Kasse pflichtversichert. Seit April 1984 erhält sie eine nach ihrer Auffassung zu geringe Versorgungsrente. Eine aus diesem Grunde erhobene Klage zu den Zivilgerichten blieb erfolglos. Gegen die Urteile erhob die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde und rügte insbesondere eine Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 3. Durch die Berechnung des fiktiven Nettoentgelts auf der Grundlage eines auf eine Vollzeitbeschäftigung hochgerechneten gesamtversorgungsfähigen Entgelts würden die Teilzeitbeschäftigten infolge der Steuerprogression übermäßig belastet. III. Die Verfassungsbeschwerde hat Erfolg. Die angegriffenen Urteile verletzen den Gleichheitssatz: 1. Durch die progressive Steuertabelle ergibt die Hochrechnung generell eine im Verhältnis zum tatsächlichen Einkommen des Teilzeitbeschäftigten überproportionale Steuerbelastung. Diese führt zu einem geringeren fiktiven Nettoentgelt und senkt dadurch die Obergrenze der möglichen Gesamtversorgung ab. Im Vergleich mit einem Vollzeitbeschäftigten mit demselben Einkommen erhält ein Teilzeitbeschäftigter hierdurch eine unverhältnismäßig niedrige Versorgungsrente. So konnte die. Beschwerdeführerin eine Versorgungsrente von monatlich 129,31 DM beanspruchen. Ein Vollzeitbeschäftigter mit demselben Bruttoeinkommen wie die Beschwerdeführerin hätte demgegenüber eine mehr als doppelt so hohe Versorgungsrente von 279,76 DM bezogen. 2. Diese Schlechterstellung ist nicht gerechtfertigt. Das gilt zum einen für Praktibilitätsgesichtspunkte. Denn es gibt eine vom Bundesgerichtshof gebilligte Rentenberechnung, die Teilzeitbeschäftigte nicht benachteiligt und ohne höheren Verwaltungsaufwand möglich ist. Zum anderen ist die benachteiligende Berechnung auch nicht als Folge einer typisierenden Regelung gerechtfertigt. Denn anders als bei den Teilzeitbeschäftigten wird bei Vollzeitbeschäftigten bei der Berechnung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts die unterschiedliche Besteuerung niedriger und höherer Einkommen berücksichtigt. Schließlich vermag auch die von der Kasse angeführte Proportionalität der Gesamtversorgung von Teilzeitbeschäftigten zu Vollzeitbeschäftigten derselben Lohn- oder Gehaltsstufe die Berechnungsweise nicht zu rechtfertigen. Die beanstandete Berechnungsweise senkt die Gesamtversorgung für Teilzeitbeschäftigte auf einen weit geringeren Nettoversorgungssatz von 79%, während ein entsprechender Vollzeitbeschäftigter mit derselben Gehaltsstufe die von den Tarifvertragsparteien erstrebte Nettogesamtversorgung von etwa 91% erlangte. Das Gericht, an das das Verfahren zurückverwiesen wurde, wird zu prüfen haben, ob der Beschwerdeführerin durch die beanstandeten Satzungsregelungen zuviel Steuern in Abzug gebracht wurden und ein höherer Versorgungsrentenanspruch vorenthalten worden ist. Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 25. August 1999 - l BvR 1246/95 -
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